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Wie es in Columbans Kirchen tönte

CD-KRITIK / ALT-IRISCHE KIRCHENMUSIK

31/10/14 Halloween ist angesagt, und gerne wird da auf die irisch/keltischen Wurzeln unserer Kultur, gerade hier in Salzburg, verwiesen. Auch die katholische Mission aus Irland hat dies und jenes in unsere Breitengrade gespült. Kann man aus der Musik etwas Erhellendes ableiten?

Von Reinhard Kriechbaum

Gregorianischer Choral ist bekanntlich in der Zeit der Karolinger entstanden, der irische Mönch und Schotten-Missionar Columban aber lebte zweihundert Jahre früher, von 521/22 bis 597. Ist es möglich, rückzuschließen auf die Musikpraxis in der alt-keltischen Kirche?

Nun, Mitteleuropa ist von Irland aus christianisiert worden, iroschottische Wandermönche waren hier Klostergründer und die ersten Bischöfe. Es ist natürlich gut möglich (wenn nicht sogar wahrscheinlich), dass auch viel Überlieferung aus diesem Kulturkreis eingeflossen ist, als sich Mönche im 8. Jahrhundert daran gemacht haben, den Kirchengesang quasi neu zu erfinden.

Hier eine Instrumentenabbildung in Stein gehauen, dort (in späterer Zeit) eine Abbildung in einer monastischen Buchillustration, dazu diese oder jene Randnotiz... Es ist notgedrungen ein Puzzlespiel, will man die Ära des heiligen Columban wieder zum Tönen zu bringen. Geoffrey Webber lässt sich bei seinen Adaptierungen offen in die Karten blicken. Das Booklet zu dieser CD enthält sehr genaue Informationen, wie er zu den jeweiligen Lösungen kommt.

Diese gehen deutlich weiter als beispielsweise die Begleitung mancher Gesänge durch Triplepipes – eine Art balglose Variante des Dudelsacks mit zwei Melodiepfeifen und einer Bordun-Röhre. Den Dauerklang erzeugt Barnaby Brown, ein Spezialist für diese Urform der Sackpfeife, mit Wangen-Elastizität und Zirkularatmung. Auf die verstehen sich auch Simon O'Dwyer und Malachy Frame, die auf rekonstruierten mittelalterlichen irischen Hörnern spielen. Das sind mit Eisenringen verstärkte Holzröhren mit metallenem Mundstück. Die Rekonstruktionen gehen aber weiter, inkludieren auch sehr genaue sprachliche Recherchen hinsichtlich der lateinischen Texte. Die Aussprache, die Klangfarbe: Das hat viel Überzeugungskraft.

Manche Hymnen hat man im 10. und 11. Jahrhundert schon unmittelbar dem heiligen Columban zugeschrieben; mit wissenschaftlicher Seriosität ist seine Autorenschaft natürlich nicht zu bestätigen. Das Heiligen-Offizium für Columban ist jedenfalls Jahrhunderte später erst entstanden, es ist in römischen Quadratnoten auf den damals schon üblichen vier Notenlinien geschrieben. Die Musikologen haben manche Gregorianische Gesänge aus St. Gallen hergenommen und versucht, den Klang auch auf lokale Musiziertraditionen (wie sie etwa auf den Äußeren Hebriden noch überliefert sind) abzustellen. Manches ist in archaischer Mehrstimmigkeit gefasst, Triplepipes und Hörner geben einen Sound, den man eben Irland zuordnet – auch wenn die Musik hier erfreulich anders klingt als das, was seit Jahrzehnten im Grenzbereich zwischen Aufführungspraxis und Irish Folk gerne als iro-keltisches Wurzelwerk verkauft und geschmäcklerisch verpackt worden ist.

In praise of Saint Columba. The sound world of the Celtic church. Choir of Gonville & Caius College Cambridge, Geoffrey Webber Direction, Barnaby Brown, triplepipes & lyre. Delphian DCD34137 – www.jpc.de

 

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