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Romantik pur aufs Schönste

CD/DVD-KRITIK / MOZARTEUMORCHESTER / BOLTON

17/12/14 Sie „können“ nicht nur Mozart. Dass das Mozarteumorchester und sein Chefdirigent Ivor Bolton sich nicht bloß auf den Namenspatron verstehen, zeigen und zeigten sie immer wieder auf das Eindrücklichste. Zum Beispiel im Vorjahr mit Mendelssohns „Sommernachtstraum“-Musik und Spohrs Oratorium „Die letzten Dinge“.

Von Horst Reischenböck

Was verbindet Wolfgang Amadé Mozart mit Louis Spohr? Beide waren Freimaurer und von deren Aufnahmeriten in eine Loge mit der Apokalypse vertraut. Daher der Text von Friedrich Rochlitz für Spohrs Oratorium „Die letzten Dinge“, das übrigens noch Antonio Salieri in Wien dirigiert hat.

Die letzte Aufnahme – ein Live-Mitschnitt mit Südfunkchor und Radio-Sinfonieorchester Stuttgart, Marjana Lipovšek und Joseph Protschka unter der Leitung von Gustav Kuhn – ist bereits vor dreißig Jahren entstanden (und somit gleich alt wie die Einspielung des Nachfolgewerks „Des Heilands letzte Stunden“, ebenfalls auf einen Text von Friedrich Rochlitz).

Daher erfreut der nachvollziehbare Einsatz von Ivor Bolton im Juni des Vorjahres umso mehr. Dramatik in Blech und grollenden Pauken - darin ließ er sich nicht entgehen! Spannungsgeladen, ausdrucksstark in allen instrumentalen Passagen gestaltete er mit „seinem“ Mozarteumorchester sowohl die Ouvertüre wie die Sinfonia, die den zweiten Teil einleitet und später auch noch einem Chorsatz zur Basis dient. Über den darin einmal mehr engagiert wortdeutlichen Einsatz des Salzburger Bachchors weitere Lobeshymnen auszugießen, hieße erneut Eulen nach Athen tragen. Und auch die vier Vokalsolisten wirken durchaus adäquat ausgewogen.

Rund zehn Jahre nach der Premiere seines Oratoriums beschäftigte sich Spohr übrigens mit Johann Sebastian Bachs Mattzhäus-Passion. Allein Kurfürst Wilhelm II. von Hessen verhinderte eine Aufführung in Kassel: den Ruhm streifte stattdessen dann Felix Mendelssohn ein. Spohrs jüngerer Zeitgenosse, der seine geniale Ouvertüre aus frühen Tagen zu William Shakespeares Komödie „Ein Sommernachtstraum“ später im selben Geiste zu voller Bühnenmusik erweiterte. Bedauerlich, dass die genial spritzige Umsetzung 2013 im Hof der Residenz heuer keine Wiederholung erfuhr! Anders als in den Saisonen 1966/67 in der Felsenreitschule, auch vom Mozarteumorchester untermalt, damals unter Leitung von Ernst Märzendorfer.

Umso dankenswerter, dass die Festspiel-Produktion vom August 2013 auf DVD festgehalten wurde. Nicht bloß der geistreich geleiteten und agierenden Schauspieler wegen, sondern vor allem, weil damit endlich einmal Mendelssohns Musik ganz greifbar ist, d. h. auch inklusive aller neun Melodramen.

Schon die Ouvertüre lässt aufhorchen, so wie Ivor Bolton hingebungsvoll die instrumentalen Finessen auftrumpfend und die melancholischen Momente schmachtend auskosten lässt. Auch das spaßige Duell um den Taktstock mit Markus Meyer, dem Puck der Produktion, ist somit natürlich dokumentiert.

Begeisternd voller Schwung sind Scherzo wie Intermezzo, berührend zart stimmungsvoll ausformuliert das Notturno. Es hat durchaus etwas für sich, mitunter das Bild auszublenden, obwohl man sich damit selber herrlicher Details beraubt, wie den Marsch der Elfen oder der Putzfrauen, die vor dem Einzug der Paare zum gleichfalls einmal ungekürzt ausgespielten berühmten Hochzeitsmarsch den Bühnenboden fegen. Um sich ausschließlich auf die großen Musikstücke zu konzentrieren, lassen sich diese auch direkt ansteuern. Ein absoluter Genuss, der zu mehrmaligem Sehen, vor allem aber Hören verleitet!

Mozarteumorchester Salzburg, Dir.: Ivor Bolton
Louis Spohr „Die letzten Dinge“. Oratorium nach Worten der hl. Schrift WoO 61. Sally Matthews, Sopran, Katharine Goeldner, Mezzo, Jeremy Ovenden, Tenor, Andrew Foster-Williams, Bass, Salzburger Bachchor. OEHMS CLASSICS CD OC 438.
Felix Mendelssohn „Ein Sommernachtstraum“. Ouvertüre op. 21 & Bühnenmusik op. 61. Vocalensemble EUROARTS. UNITEL CLASSICA DVD 2072698.

 

 

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