Mozart und ein Rumba im Regenwald

MARIONETTENTHEATER / DER ALTE BAUM

29/01/23 „Frisch zum Kampfe“ hat Moo, der naturbewusste Punk, in bester Pedrillo-Manier gesungen, und, angelehnt an den beherzten Tamino in der Sprecher-Szene der Zauberflöte: „Die Bäume retten ist mir Pflicht.“ – Auch heuer kooperieren Marionettentheater und Mozartwoche.

Von Reinhard Kriechbaum

Franzi, eine junge Marionetten-Dame, freut sich nicht lange am Schaukeln. Bauunternehmer haben etwas vor mit dem Grundstück. Zwar hat sich ein beherzter junger Mann, dem nicht nur Franzi, sondern auch die Natur etwas bedeuten, beherzt an den Baum gekettet, um dem bösen Treiben der Naturzerstörer etwas entgegenzusetzen. Aber das Sägeblatt schwebt schon Unheil verheißend über den Köpfen und es trifft den Ast, an dem die Hutsche hängt, während Franzi noch schaukelt. Da büßt die Marionette ein Bein ein.

Der Sänger Paul Schweinester und der künstlerische Leiter des Marionettentheaters, Philippe Brunner, haben sich zusammengetan mit dem Arrangeur Tscho Theissing und fürs Marionettentheater ein reizvolles Singspiel zu Musik von Mozart zusammengestellt. Es wäre auch für junge Leute gedacht, doch von denen waren beim ersten der vier Aufführungstermine nur wenige da. Aber auch die Mozartwöchner mit ganz vielen Altersringen konnten sich bei der Premiere der reizvollen Produktion Der alte Baum gut identifizieren und feierten sie enthusiastisch.

Die Welt ist wirklich brandeilig zu retten, denn es ist nicht nur Franzis Hutschen-Baum an den Kragen, pardon, an die Krone gegangen. Selbst Papa Figuro, dem Bildhauer, gehen allmählich die Holzstücke aus. Er muss auf die letzten Holzreserven zurückgreifen, um Franzi ein neues Bein zu schnitzen.

„Cinque … dieci“, das passt nicht nur beim Vermessen des Schlafzimmers für Figaro und Susanna, mit ein paar Textverdrehungen ist diese Nummer auch gut, um Maß zu nehmen fürs neue Holzbein. Und das ist aus einem besonderen Holz. Es ist stark und führt ein Eigenleben. Mit einem solchen Aktiv-Bein neu bestückt, verzichtet Franzi sogar auf eine Karriere als Marionetten-Opernsängerin und macht sich per Heißluftballon mit Moo und dem Vogel Zilpzalp auf Richtung Amazonas. Im tropischen Regenwald stoßen sie auf exotische Tiere. Richtig geraten: Die Musik dazu findet sich auch in der Zauberflöte. Und sie finden auch den alten Baum. Der ist zwar am Ende, aber mit frischen Setzlingen und besten Vorsätzen geht’s zurück in die baumarme Alte Welt...

grafik.pngViel kreatives Potential und vor allem originell anverwandelte Mozart-Musik steckt da drin. Gar nicht immer das Bekannteste. Das Melodram des Soliman aus Zaide ist beispielsweise bestgeeignet für ein Erzählstück. Tipps gibt aber auch – nun koloraturgewandt singend – eine Königin der Nacht, die in der Marionetten-Werkstatt auf die Reparatur wartet. Im Team hat man ein Stück entwickelt, das so wirkt, als hätte Mozart gerade für diese Szenen die Musik geschrieben.

Man bleibt einerseits nah am Original (Italienisches bleibt italienisch), hat die Nummern aber kammermusikalisch adaptiert, für Streichquartett, Klarinette, Akkordeon, Marimba und anderes Schlagwerk. Am Amazonas mischen sich schon lateinamerikanische Rhythmen in die Mozart-Partituren. Singend am Werk sind Athanasia Zöhrer, Paul Schweinester und Theodore Platt. Die Wiener Theatermusiker (Bettina Gradinger, Maria Reiter) werden von Musikern des Orqestra Iberacademy Medellín unterstützt. Vladimir Fediakov hat die Puppenköpfe geschnitzt und Edouard Funck hat sie eingekleidet. Bühne (Emanuel Paulus) und Licht spielen alle Stückerl.

Ein anregendes Pasticcio, das auch Mozart gefallen täte. Jede Wette.

Weitere Aufführungen am 4. Februar (15 Uhr) und 5. Februar (11 Uhr)  – mozarteum.at/mozartwoche
Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher (1); Bernhard Müller (2)