Mozart in allen Alterslagen

MOZARTWOCHE / AKADEMIEKONZERT

02/01/20 Eine Akademie zur Matineenstunde. Mit Mozart durch seinen bunt biografischen Musikgemüsegarten. Wenn das Mozarteumorchester unter Riccardo Minasi die Ouvertüre zu Mitridate, re di Ponto anwirft, wird klar, warum der kleine Mozart so einen Wind in Italien entfachen konnte.

Von Erhard Petzel

Ein knackiger erster Teil mit frischer Musik, formal geschickt ausbalanciert mit zündenden Raketen und geschmackvoller Klangfarben-Dynamik, kurz wie das folgende Menuetto und das abschließende Gewitter, kompakte Kraft als Garant für Würze. Später wird aus diesem KV 87 die Arie Nr. 13 des Sifare aufgeführt, die zur Sopranistin des Konzerts den engagierten Solohornisten beschäftigt. Das Horn setzt Beginn, Zwischenspiele und Schluss und duettiert innigst mit der Hosenrolle, die sich vom Liebesbett losreißt in die Pflicht.

Giulia Semenzato ist aber durchgehend beschäftigt. Zu Beginn ihres Engagements stehen Rezitativ und Arie für Sopran und Orchester Bella mia fiamma, addio – Resta, oh cara KV 528, deren anekdotischer Hintergrund im Programmheft angeführt wird. Demnach habe Mozart schwierig zu intonierende Übergänge eingebaut, um die Sängerin Josepha Duschek zu bestrafen, die ihn angeblich eingesperrt hat, bis er ihr die Arie verfertigt hätte.

Nach der Pause Chi sà, chi sà, qual sia KV 582, eine belebte Einlagen-Arie mit so strahlendem Holzhintergrund, dass die bedauernswerte Sopranistin sich dagegen zur Wehr setzen muss, überdeckt zu werden. Ihre Koloraturen finden ihre Kontrapunkte im Fagott, die Klarinetten dringen mit ihren Zerlegungen ins Geflecht ein, dass es eine Freude ist zu den angelegten Herzenszweifeln.

Den Abschluss bildet die Arie der Elisa Nr. 8 Barbaro, oh Dio! Mi vedi aus Il Re Pastore, entstanden anlässlich des Besuchs von Erzherzog Maximilian Franz bei Erzbischof Colloredo 1775. Sanft schwingend ertönt die Klage wider die Mächtigen, die Herzen trennen, indem sie Liebe instrumentalisieren. Wenn auch Akademien früherer Tage enorme Länge aufwiesen, muss Einschränkung heute wohl als Tugend angesehen werden.

Das betagtere Publikum hadert mit seiner Kondition und Semenzato wäre ein Abquietschen im dramatischen Aufbäumen aus höchster Drangsal erspart geblieben, hätte man mit dem Klavierkonzert in F-Dur KV 459 den Abschluss gefunden. Ein Werk, das zudem vor Lust bebt, dabei aber den Spaß in kontrapunktische Finessen verwickelt.

Herrlich die beiden Randsätze. Wie mit diesen Gassenhauerthemen komplexe Kommunikation zwischen Orchester und Klavier entwickelt wird, die in aberwitzige Fugati führt, das sucht seinesgleichen. Leider verschummert Robert Levin seine Kadenzen mit dem Pedalfuß. Das Hornkonzert in Es-Dur KV 495 steht seinem Bruder mit den vertauschten Ziffern an fröhlicher Beschwingtheit in nichts nach. Radek Baborák hat den frenetischen Applaus unbedingt verdient. Sein seidenweicher Hornton passt sich geschmeidig jeder dynamischen Herausforderung an. Männliches Jagdhorngedrösel im Rondo überzeugt mit seiner wohldosierten Kraft, gefolgt von tänzerischer Leichtigkeit des Seins. Selbstredend eigene Kadenzen vom Feinsten.

Dazu zwei Sinfonien. KV 74 in G-Dur beginnt mit einem Kinderthema und läuft munter dahin, ohne banal oder abgeschmackt zu sein. Elegant geht es unmittelbar ins Menuett, darauf das Rausschmeißer-Rondo. Witzige Elemente und wirkungsvolle Instrumentation. KV 124, ebenso in G-Dur, klar strukturiertes Allegro mit neckischem Seitenthema, einem stark modulierenden Hauptthema im Andante und einem parforcemäßigen Menuett-Gehörne mit weichem Trio. Im bäuerlichen Schrummschrummschrumm entwickelt sich das Presto zu einem raffinierten Schlager. Ein reicher Reigen mit wunderbaren Aus- und Einblicken und Höhepunkten, einem spritzigen Orchester, witziger Musik, fabelhaften Solisten und einer schönen Stimme. Ceterum censeo: Mozart lebt!

Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher
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