Bolero und Take five für Mozart

MOZARTWOCHE / LES SOURDS-DOUÉS

31/01/20 Wenn schon Mozartwoche auf „Abwegen“, dann am besten so: Leise und poetisch. Humorvoll und schräg. Ohne Mozart neu erfinden, aktualisieren, beleuchten oder sich sonstwie auf dessen Kosten wichtig zu machen. Wenn schon Mozartwoche auf neuem Terrain, dann mit dem französischen Bläserquartett Les Sourds-Doués.

Von Heidemarie Klabacher

Der Chef mit der Klarinette will den Bolero. Die andern wollen den Bolero nicht. Das Horn gibt mit kleinen Stößen zwar brav den Trommel-Rhythmus vor und Bass-Klarinette und Trompete machen locker den Rest – um auf einer einzigen Note kehrt zu machen und zum Jazzeln anfangen, dass es nur so swingt, kaum dass der Chef mal kurz hinausgeht. Genauso auf einer einzigen Note passiert die Kehrtwendung zurück zu Ravel... virtuos, locker hingespielt, zum Kugeln komisch.

Vier Krawatten für Mozart! Was haben die vier Virtuosen Adrien Besse (Klarinette), Pierre Pichaud (Trompete), Nicolas Josa (Horn) und François Pascal (Bass-Klarinette) nicht alles mit der selben stupenden Leichtigkeit an verschiedenster Musik gestreift, zitiert, angedeutet oder auch mal zum Wegträumen ausgespielt – von Astor Piazolla über Mozart und George Gershwin zurück zu Mozart und weiter zu Antonín Dvorák. Paul Desmonds Take five. George Gershwins I got Rhythm oder Mozarts Ave verum: All das mit zwei Holz- und zwei Blechblasinstrumenten gespielt, so als wäre das von den Komponisten in Wirklichkeit genauso gedacht gewesen.

Sonst sind sie ja gleichberechtigt, die vier Mitglieder eines Quartetts. Vielleicht aber gibt es einen Untschied in der Hierarchie innerhalb von Streicher- und Bläserensembles. Zumindest bei Les Sourds-Doués lässt der Klarinettist gern einmal den Chef heraushängen, der die Krawattenknoten ebenso streng kontrolliert, wie den Glanz auf den Schuhen. Dafür wird es aber auch nichts, mit der Wiedergabe von Mozarts legendärem Werk für Klarinette: Da fahren Kollegen jedesmal rüde drein. Noch vehementer ist der Widerstand, wenn der Klarinettist seinem geheimen Traum vom Geigenspiel zu realisieren versucht. Man gibt ihm zwar einmal eine Chance und intoniert eine wunderschön wiegende Begleitung über die die Melodie der Barcarole passen würde, aber es happert dem Möchtegern-Geiger dann doch an der Intonation. Das ist – neben Trompeten-Munstück-Verzaubern – der zweite Runnig Gag. Und er geht beinah todtraurig aus: Die Geige wird versehentlich zerstört und unter Absingen des Gospels Burden Down Lord zu Grabe getragen. Nur legt der Klarinettist dann auch die Klarinette beiseite. Eine ausgewachsene Künstler- und Ensembletragödie. Was helfen schmissige Balkan-Rhythmen, wenn im richtigen Moment die Klarinette nicht dreinfegt...

Da gibt es herrlichen Klamauk mit den orangen Krawatten, dem Markenzeichen von Les Sourds-Doués, kleine Zaubereien (wie gesagt vor allem mit dem Trompeten-Mundstück), einiges an Exerzieren und Marschieren, samt unvermeidlichem Geschubse (man nimmt den Chef wirklich nicht ernst). Da gibt es berührende poetische Momente, besonders, wenn die Mini-Spieldose zum Einsatz kommt, auch wenn diese statt der Kleinen Nachmusik plötzlich La Cucaracha spielt.

Drei Termine hatte das französiche Bläserquartett bei der Mozartwoche zu Gast im Oval im Europark. Das akkustisch hervorragende Oval war die ideale Spielstätte für dieses Spiel zwischen Heiterkeit und Ernst. Die letzte Chance Adrien Besse, Pierre Pichaud, Nicolas Josa und François Pascal zu erleben, gab es heute Freitag (31.1.). Glücklich, wer die Kurve gekratzt hat und dabeigewesen ist.

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Bilder: ISM / Wolfgang Lienbacher