Eine Rakete gegen die Obrigkeit

MOZARTWOCHE / LEHRLINGSKONZERT / PHILHARMONIE SALZBURG

22/01/20 Zweitausend Jugendliche aus dem ganzen Bundesland kamen 2013 zum ersten Lehrlingskonzert ins Große Festspielhaus. Das Echo war überwältigend. Seither gibt die Philharmonie Salzburg zwei Lehrlingskonzerte pro Saison. Musikvermittlung! Ein Herzensanliegen von Elisabeth Fuchs, wie von Rolando Villazón: Er lud das „Erfolgskonzept Lehrlingskonzert“ erstmals zur Mozartwoche.

Von Heidemarie Klabacher

Klassische Musik und die Arbeit eines Orchesters will Elisabeth Fuchs, Gründerin und Chefdirigenten der Philharmonie Salzburg, einem möglichst breiten Publikum zugänglich machen. Die Konzerte ihrer Kinderfestspiele sprechen die ganze Familie an, die crossover-Programme unter dem Titel Symphonic talk Alt und Jung, der Abo-Zyklus ist so klassisch wie überraschend programmiert.

Aber was ist ein Lehrlingskonzert? Elisabeth Fuchs reagierte mit dem Konzept auf die nachvollziehbare Kritik von Jugendlichen und Pädagogen: „Für Schülerinnen und Schüler im Gymnasium gibt es ein großes Musik- und Musikvermittlungs-Angebot. Für Lehrlinge gibt es gar michts.“ Das konnte Elisabeth Fuchs nicht dulden – und veranstaltete 2013 das erste Lehrlingskonzert im Großen Festspielhaus. Mittlerweile finden pro Jahr zwei Lehrlingskonzerte und ein Schülerkonzert im Großen Festspielhaus Salzburg, sowie ein Lehrlingskonzert im Brucknerhaus Linz statt. Elisabeth Fuchs führt dabei durch ein speziell für Jugendliche konzipiertes Programm. Höhepunkt ist ein interaktiver Teil, in dem die jungen Gäste aufgefordert werden, selbst auf die Bühne zu kommen, um mitzusingen oder mitzuspielen. „So bietet sich einigen Jugendlichen die Möglichkeit, auf der Bühne des Festspielhauses, oder des Bruckerhauses, zu musizieren – eine Erfahrung, die in Erinnerung bleibt“, sagt die Dirigentin und Klarinettistin, die, von ihrer Ausbildung her, auch studierte Mathematik- und Musiklehrerin ist.

Das pädagogische Know How der leidenschaftlichen Musikvermittlerin erkennt man auf Schritt und tritt. Wenn es heißt, die Jugendlichen seien aufgefordert, mit den Orchestermusikern auf der Bühne zu musizieren, tun sie dieses nicht unvorbereitet: Auf der Website der Philharmonie liegen die Noten zum Download für alle Instrumente bereit – von der Flöte bis zum Kontrabass. Im aktuellen Jahr 2020 steht der 47-er Regimentsmarsch auf dem Programm der Lehrlings- und Schülerkonzerte, im Vorjahr war es der Radetzky Marsch. Es ist tatsächlich ein Erlebnis, auch für den Beobachter, die Stimmung im Großen Festspielhaus mitzuerleben, wenn die Jugendlichen mit ihren Instrumenten auf die Bühne streben, sich neben die jeweiligen Profis an die Pulte setzen und gemeinsam loslegen. Mehrmals dabei gewesen, jedesmal ein Erlebnis.

Ob es auch so turbulent zugehen wird, wenn die Philharmonie Salzburg mit einem Lehrlingskonzert bei der Mozartwoche gastiert? Elisabeth Fuchs Moderation zeugt jedenfalls immer von größtem Gespür für ihr jeweiliges Publikum und ist für erwachsenes, wie jugendliches Publikum Gewinn und Genuss. Im Großen Saal des Mozarteums gibt die Philharmonie Salzburg ohnehin ein „Heimspiel“, finden unter dem goldenen Stuck doch seit Jahren die Abo-Konzerte statt. Auf dem Programm des Lehrlingskonzerts in der Mozartwoche steht ebenfalls beinahrt „Mozart only“. Darunter Einzelsätze aus den Konzerten für Flöte, Klarinette bzw. Horn und Orchester KV 314, KV 622 und KV 495. Oder die Symphonie A-Dur KV 201 – das Werk des Achtzehnjährigen, der dannach nur mehr wenige, aber dafür die ganz großen Symphonien geschrieben und zuvor mit dem dem Hof des fürsterbischöflichen Salzburg gründlich gebrochen hat: „Gerade angesichts der A-Dur-Symphonie wird man das Staunen wohl nie verlernen“, schwärmt Wolfgang Stährt im Almanach: „Welch eminenten Klangsinn beweist Mozart, wenn nach der überschwänglichen Coda des ersten Satzes das nachfolgende Andante im Piano der gedämpften Streicher anhebt. Die Im Finale verblüfft Mozart seine hörer, indem er jede formale Zäsur durch eine aufschießende Sechzehntelskala (in Mannheim hätte man von einer „Rakete“ gesprochen) markiert: ein brillanter Effekt und eine originelle, humorvolle, ja sogar etwas provozierende Idee: als wolle Mozart den Salzburger Höflingen eine Nase drehen.“

Die Mozartwoche von 23. Jänner bis 2. Februar - www.mozarteum.at
Bild: Philharmonie Salzburg / Erika Mayer