Grenzwanderungen

LITERATURFEST SALZBURG

08/04/15 „Wir sind als Gesellschaft davon geprägt, dass es Grenzen gibt. Das kann gut sein oder schlecht.“ Gut ist, dass es das Literaturfest gibt: Von 27. bis 31. Mai findet – bereits zum achten Mal - das Literaturfest Salzburg statt. Das Motto 2015 „Über Grenzen“.

Von Heidemarie Klabacher

„Kaum ein Begriff und kaum ein Sachverhalt beschäftigt unser Nachdenken über die Zukunft unserer Gesellschaft mehr als der der Grenze. Grenzen sind einerseits unersetzlich für Frieden und Gedeihen und andererseits Manifestation der Macht und des ungern geteilten Besitzes.“ Christa Gürtler, Klaus Seufer-Wasserthal und Jochen Jung haben am Mittwoch (8.4.) im Arthotel Blaue Gans – einem der vielen originellen Austragungsorte - das Programm zum Literaturfest Salzburg präsentiert.

„Zeigen was Literatur alles kann“ wollen die Verantwortlichen seit jeher mit dem bunten Eröffnungsabend. Auf die Frage, was Grenzen sollen oder dürfen werden am 27. Mai in der Großen Aula vier unterschiedliche – „Ja geradezu gegensätzliche Autoren“ – vier unterschiedliche Antworten geben: Der gebürtige Iraker Abbas Khider erzählt in seinem Roman „Brief in die Auberginenrepublik“ über das Leben in arabischen Diktaturen. Der Autor und Kolumnist Harald Martenstein berichtet in „Die neuen Leiden des alten M.“ von seinen „Unartigen Beobachtungen zum deutschen Alltag“. Die Schweiz habe, so Jochen Jung beim Pressegespräch, „noch jedes Jahr einen unterhaltenden Autor geschickt“ und ist heuer mit Christoph Simon, einem Meister der Schweizer Poetry-Slam-Szene, vertreten. Marlene Streeruwitz wirft mit ihrem Roman „Nachkommen“ einen satirischen Blick auf den Literaturbetrieb: „Wir werden uns den gefallen lassen.“

Die drei Haupt-Abendprogramme von Donnerstag 28. bis Samstag 30. Mai gelten ebenfalls dem Thema Grenzüberschreitungen: Anna Kim schildert in ihrem Essay „Der sichtbare Feind“ den Überwachungswahn in allen Lebensbereichen als öffentlich sanktionierten Gewaltakt. Nino Haratischwili erzählt mit „Das achte Leben (Für Brilka)“ die Geschichte einer Familie von Tiflis und Georgien bis Berlin und Deutschland.

Auch ein Diskussionsabend gilt dem Thema Grenzen: Nach der Lesung von Karl-Markus Gauß aus seinem im Herbst erscheinenden Journal „Der Alltag der Welt. Zwei Jahre und viele mehr“ spricht der Schriftsteller mit Erzabt Korbinian Birnbacher und der Gerichtsmedizinerin Edith Tutsch-Bauer über die Grenzen des Lebens. Von Karl-Markus Gauß sind übrigens auch die diesjährigen Schaufenster-Zitate - eine der erfolgreichsten und nachhaltigsten Ideen des  Literaturfests: „Noch nach Jahren entdeckt man einzelne Zitate in so manchen Schaufenstern.“ Reinhard Kaiser-Mühlecker und Arno Geiger erzählen mit „Zeichnungen“ und „Selbstporträt mit Flusspferd“ von Grenzen und der Notwendigkeit ihrer Überschreitung innerhalb individueller Biografien.

An den Nachmittagen lesen Barbara Honigmann und Peter Stephan Jungk in der Synagoge sowie Tessa Müller und Iris Wolff in der Galerie 5020. Der Übersetzer Frank Günther spricht in der ARGEkultur über Shakespeare und die Kunst der Übersetzung.

Die beliebte Mittags-Schiene des Literaturfestes bestreiten Martin Amanshauser und Erwin Einzinger, Barbara Yelin mit ihrer Graphic Novel „Irmina“, sowie Marlen Schachinger und Anton Thuswaldner.

Im öffentlichen Raum steigt an drei Terminen eine Performance von Studierenden des Thomas Bernhard Instituts der Universität Mozarteum unter der Regie von David Schnaegelberger - in den Fenstern am Alten Markt. Es gibt einen Bücherbazar auf dem Papagenoplatz und es sind Bücherfahrräder unterwegs. Ebenfalls am Papagenoplatz treten am Samstag 30. Mai Laura Kokoshka und Lukas Wagner sowie Stefanie Sargnagel auf. Danach ist das Publikum zur Performance eingeladen.

Mit der Lyrik-Matinee am Sonntag 31. Mai findet das Literaturfest seinen feierlichen Abschluss: „Es gibt anscheinend mehr Leute, die Gedichte schreiben, als Leute, die Gedichte lesen“, ätzt Jochen Jung. Alle Belesenen behaupteten zwar, Gedichte zu lieben, was sich in den Zahlen auf dem Buchmarkt aber keineswegs spiegle. Beim Literaturfest auf der Edmunsburg lesen jedenfalls Maja Haderlap, Wulf Kirsten und Thomas Kunst.

Das Literaturfest Salzburg von 27. bis 31. Mai - www.literaturfest-salzburg.at
Bilder: Kurt Kaindl / Paul Zsolnay Verlag; Heinz Hehenberger; Max Amann