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Der Gepard im Lauf, der Kolibri im Stehen

RAURISER LITERATURTAGE / NACHLESE / SALZ

24/03/15 „… und dann der weg entlang der hecke der jeden fuß erkannte und nicht weiter ließ und sich an seine ferse schmiegte sobald der morgen sich auf den balkonen zeigte als ein versprechen…“ Nadja Küchenmeister, Erwin Einzinger und Christoph Wilhelm Aigner haben nicht nur live in „RAURIS.LYRIK“ vermittelt: Im SALZ zu den Rauriser Literaturtagen gibt es Texte von ihnen nachzulesen – und von allen anderen, die in Rauris zu Gast gewesen sind.

Von Nina Heidenfelder, Julia Plöderl
und Heidemarie Klabacher

Bei Erwin Einzinger wird im Gedicht aus einem „Obstspediteur“ schon einmal ein „Obstprediger“. Bei der Lesung fasziniert Einzinger mit seiner speziellen Art, vom Hundertsten ins Tausendste zu kommen und mit seinem Hang zur Selbstironie. Aber auch in der „Nachlese“ in der Literaturzeitschrift SALZ zu den Rauriser Literaturtagen 2015 schlägt im Zyklus „Zurück zu den einfachen Dingen“ bei Einzinger „die Stunde des Seemannsgarns“. Wie etwa im Text Nummer 7 bei höchst unspektakulärem Beginn: Denn „wenn sich der Lebensgefährte einer Amtsrätin aus dem Innenministerium bei der Arbeit in seinem Hobbykeller mit der Bandsäge verletzt, ist dies mit Sicherheit keine Erwähnung in irgendeinem Jahresbericht wert“. Wie kurzsichtig! Es kann ja „durchaus sein, dass bald schon von einem Munitionsdepot hinter einer mit naturhistorischen Werken vollgestellten Bücherwand die Rede ist…“

Die 1981 in Berlin geborene Dichterin Nadja Küchenmeister setzte bei der Lyrik-Lesung in Rauris mit ihrer ruhigen Art einen Kontrapunkt zu Erwin Einzinger und zog die Zuhörer mit Gedichten aus dem Band „Unter dem Wacholder“ in ihren Bann. Darin setzt sie sich mit zum Teil mit eher schwer verdaulichen Themen wie Tod und Vergänglichkeit auseinander. Sie lässt aber auch Raum für kurze Glücksmomente. Im SALZ 159 nachzulesen sind unter dem Titel „Schwarze Wäsche“ fünf wundersame federleichte Gedichte von Nadja Küchenmeister, über denen ein hauchfeiner, doch dicht gewobener Schleier von Trauer weht.

Christoph Wilhelm Aigner, der Dichter und Übersetzer, trat bei RAURIS.LYRIK gemeinsam mit Giorgio Simonetto von der Società Dante Alighieri auf: Zu den italienischen Originalgedichten las Aigner seine Übersetzungen. Seine eigenen, nachdenklichen Gedichte schloss er mit einem heiteren Vierzeiler über Kolibris und Geparden.

Im SALZ 159 gibt Aigner eine kurze spannende Handreichung zur „Gedichtanalyse“, indem er das Eindringen in einen Text mit dem Blick in die verschiedenen chemischen Tiefen-Schichten eines altmodischen Polaroid-Fotos vergleicht: „Wenn ich Polaroids öffne, also unter die Bildhaut forsche, kann etwa eine Landschaft erscheinen, die ich nie unter dieser Fläche vermutet hätte.“ Drei Polaroids von Christoph Wilhelm Aigner unter dem Titel „Wetterleuchten“ verdeutlichen diese Zusammenhänge unter der Oberfläche.

SALZ. Zeitschrift für Literatur: Das Heft 159 der Zeitschrift für Literatur ist – wie jede Frühlingsnummer – das Begleitheft zu den Rauriser Literaturtagen. SALZ Mehr.Sprachen umfasst die Laudationes auf die Literatur- und Förderungspreisträgerinnen Karen Köhler und Birgit Birnbacher, eine Einleitung der Rauris-Intendanten Manfred Mittermayer und Ines Schütz, sowie Texte aller in Rauris eingeladenen Autorinnen und Autoren: Christoph Wilhelm Aigner, Birgit Birnbacher, Seher Çakir, Ann Cotten, György Dálos, Erwin Einzinger, Karl-Markus Gauß, Esther Kinsky, Karen Köhler, Nadja Küchenmeister, Olga Grjasnowa, Ilma Rakusa, Jaroslav Rudis, Raoul Schrott, Anne Weber und O. P. Zier. Das Cover und Aquarelle im Heft sind von Roswitha Klaushofer -  www.leselampe-salz.at

Für DrehPunktKultur berichteten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2015)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.

Bilder: SALZ/C.W. Aigner

 

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