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Literatur auf dem Gipfel oder Wie Ann Cotten Kühe melkt

RAURISER LITERATURTAGE

20/03/15 Zweiter Tag. Donnerstag (19.3.): Die Rauriser Straßen werden uns vertrauter. Der Gasthof Platzwirt füllt sich zeitig. Die Gäste haben schnell begriffen: Der frühe Vogel fängt den Sitzplatz. Das Tagesprogramm ist reich an Lesungen, Gesprächen und Höhepunkten - wie der gemeinsame Aufenthalt auf der Heimalm.

Von Veronika Ellecosta und Anna Fremuth

Mit Birgit Birnbacher, der Gewinnerin des Rauriser Förderungspreises zum Thema „Muttersprache“, beginnt der Lesereigen am Donnerstag (19.3.) im Platzwirt. „Ein Badewasserrest“ ist ein „im besten Wortsinn an-rührender Text über Verunsicherung, die das Leben ist“. So Jurymitglied Martin Huber in seiner Laudatio. Die Pongauerin Birgit Birnbacher hat sich mit ihrem Text gegen weitere 24 Einsendungen durchgesetzt. Souverän führt sie bei ihrer Lesung das Publikum durch ihr Debüt, eine Geschichte über eine heranwachsende junge Frau und ihre kranke Mutter.

Bergaufwärts geht es am späten Nachmittag mit der Gondel auf die naheliegende Heimalm auf 1480 Metern Seehöhe - eine willkommene Abwechslung zum Geschehen im Tal. Verteilt über zwei Stockwerke und vortrefflich verköstigt lauscht man hier den Lesungen von Seher Çakır, Ann Cotten und Jaroslav Rudiš, die sehr schnell zeigen, wie weitläufig „MEHR.SPRACHEN“ ausgelegt werden kann.

Mit einer Prise Ironie und voller Leichtigkeit schildert Seher Çakır alltägliche Sprachverständigungsprobleme, aber auch tiefgründige Identitätsfragen. Den Begriff Migrationsliteratur lehnt die aus Istanbul stammende Autorin ab, weil sie nicht in eine undefinierte Schublade gesteckt werden will.

Als „funktionierende Wahnsinnige“ beschreibt sich die in Berlin lebende Ann Cotten, die in ihren Texten ihre „authentisch verstörende Gedanken“ vermittelt. Als ehemalige Poetry Slammerin performt sie Gedichte, unter anderem aus dem Lyrikband „Rein – Ja oder Nein“. Im Gespräch beeindruckt die gebürtige Amerikanerin mit Bemerkungen, dass sie sich selbst nur als Filter für die im Raum herumfliegende Sprache sieht. Und wenn sie über das Melken von Kühen spricht, zeigt sie auf, wie Literatur oft Alltägliches verkompliziert.

Jaroslav Rudiš liefert mit der Lesung aus seinem Roman „Vom Ende des Punks in Helsinki“ einen weiteren Höhepunkt auf der Heimalm.

Zwischen der DDR und Tschechien angesiedelt kreiert er die Geschichte um Ole, der in der Punkszene seine Bar „Helsinki“ betreibt. Der tschechische Autor ist ein vielseitiger Künstler: Dramatiker und Drehbuchautor, Graphic Novelist und Musiker in der „Kafka Band“. Seine Faszination für Musik, vor allem für Punk, zieht sich durch sein gesamtes Werk. Für den Roman hat er sich auf eine Zeitreise begeben, beginnend mit dem Jahr 1987, als die Toten Hosen ein berühmtes Konzert in Pilsen gaben, das in Chaos und Schlägereien endete, über die Wende 1989, bis hin zu deren Auswirkungen.

Dritter Tag. Freitag (20.3.). Früher Vormittag: Die Rauriser Straßen werden noch vertrauter. Schauplatz: Gasthof Platzwirt. Karen Köhler spricht mit uns Salzburger Studierenden über ihren Siegerroman „Wir haben Raketen geangelt“. Schnell entwickelt sich aus dem frontalen Frage-Antwort-Spiel ein ungezwungenes Gesprächsklima mit der theatererfahrenen Wunschkosmonautin. Sie schreibt Auftragsstücke für diverse Kinder- und Jugendtheater, was ihr zum Sprungbrett in die Welt der Literatur diente. Der rätselhafte Titel „Wir haben Raketen geangelt“ spielt auf jugendlichen Leichtsinn an.

Dritter Tag. Freitag (20.3.). Sptäer Vormittag: Die Rauriser Straßen sind leer. Der Gasthof Platzwirt ist immer noch voll. Ilma Rakusa und Erwin Einzinger erzählen von ihren Schreibabenteuern.

Die 45. Rauriser Literaturtage bis Sonntag 22. März – www.rauriser-literaturtage.at auf Facebook und Twitter 

Für DrehPunktKultur berichten aus Rauris Studentinnen und Studenten von Christa Gürtler, die im Rahmen der Lehrveranstaltung „Literaturbetrieb und literarisches Leben in Österreich (Rauriser Literaturtage 2015)“ am Fachbereich Germanistik an den Rauriser Literaturtagen teilnehmen.

Bilder: David Sailer/David Sailer IMAGES/davidsailer.viewbook.com

 

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