Sie sitzen noch…

HINTERGRUND / SITZGRUFT IM SACELLUM

13/12/13 Dem morbidesten und schrägsten Regieteam wird für die Bühne des Großen Festspielhauses nicht so schnell einfallen, was sich auf der anderen Seite der Hofstallgasse seit fast vierhundert Jahren im „Keller“ – genauer gesagt in der Krypta des „Sacellums“ - abspielt.

Von Heidemarie Klabacher

525„Die todten Cörper wurden sitzend begraben, wie auf einer Cantzel, dardurch anzudeuten, wasgestalten der Tod und die Todte beste Lehrmeister seyn!“

In der Hofstallgasse treibt der Welt Eitelkeit besonders an Premierenabenden zur Festspielzeit oft bizarre Blüten. Dabei ist das alles eitel Tand. Was die Festspielbesucher – und darüber hinaus auch die meisten Salzburger – nicht wissen: In der Krypta des „Sacellums“, der Kirche an der kreuzungsseitigen Ecke der Universitätsbibliothek, tagt wie es scheint für alle Ewigkeit, ein mumifziertes Professorenkollegium.

„Mitten in Salzburg, gegenüber vom Festspielhaus, inszeniert der Tod“, heißt es auch in der Verlagsvorschau zum Buch „Gymnasium mortis“, das im Mai im Verlag Müry Salzmann erscheinen wird: „Eine barocke Sitzgruft für Professoren bietet ein tiefsinniges Schauspiel im Sacellum, jener kleinen Kapelle, mit der 1618 der Grundstein zur größten Bildungsinstitution des Landes gelegt wurde. Erzbischof Karl Borromäus, dem bedeutenden Mailänder Bildtheoretiker, geweiht, macht die Kunst im Sakralraum dem Schutzpatron alle Ehre: Kopien nach Veronese, Rubens und van Dyck zeugen vom Kennerblick der Professoren, die ihre Hohe Schule trotz geringer Mittel als ein Zentrum der Künste in der Mitte Europas erscheinen ließen.

Im Gegensatz zu dieser Pracht wurden die verstorbenen Professoren im „Gymnasium mortis“ der Kapellenkrypta wie in einer „Schule des Todes“ buchstäblich beigesetzt. Denn am unterirdischen Katheder wollten sie über den Tod hinaus mit ihren letzten Requisiten lehren: die Vergänglichkeit von Jedermann!"

524Der Archivar der Universitätsbibliothek, Christoph Brandhuber, ist der Autor des Buches „Gymnasium mortis. Das Sacellum der Universität Salzburg und seine Sitzgruft“, das von Ursula Schachl-Raber, der Leiterin der UB, herausgegeben wird. Hubert Auer hat fotografiert.

In einem anderen Buch in der Reihe uni:bibliothek hat Christoph Brandhuber schon einmal kurz auf die konferierenden Mumien im Keller des Sacellums verwiesen. DrehPunktKultur schrieb in der Rezension über den Band „Aus Salzburgs Hoher Schule geplaudert“:

„Auch Ab- bzw. Jenseitiges findet man unter den von Christoph Brandhuber ebenso genussvoll und wie pfiffig erzählten Geschichten: In der Krypta des Sacellums (der Kirche im Erdgeschoss der Universitätsbibliothek an der Ecke Herbert von Karajan-Platz) entdeckte man zwölf mumifizierte Männer mit Doktorhüten, im Kreis sitzend: verblichene Benediktinerprofessoren, die zur ‚Ewigen Senatssitzung’ zusammengekommen waren. Geöffnet wurde die Krypta 1969 bei der Restaurierung, erzählt Brandhuber. Ob das Kollegium dort unten noch immer tagt, verrät der Autor nicht. Aber da man in Salzburg immer sehr für Bewahrung ist, wird man davon ausgehen können. Man sollte das Sacellum mit dieser Story im Hinterkopf wieder einmal besuchen… Die Sitzbestattungen endeten jedenfalls zu Beginn des 18. Jahrhunderts. Die Grabplatte für das dort unten bestattete Herz des Fürsterzbischofs Schrattenbach deckt das Geheimnis.“

Der Autor schrieb im Jänner dieses Jahres nach Erscheinen der Rezension prompt an die Redaktion: „Und ja: Sie sitzen noch … davon wird das nächste Buch handeln, das schon schwer in Arbeit ist: Die Krypta wird wieder geöffnet werden…“ Viel ist offensichtlich seither geschehen, auch unterirdisch. Selten so gespannt auf ein neues Salzburg-Buch! 

Ursula Schachl-Raber (Hg.):  Christoph Brandhuber: Gymnasium mortis. Das Sacellum der Universität Salzburg und seine Sitzgruft. uni:bibliothek4. Erscheint im Mai.
Zur dpk-Besprechung von „Aus Salzburgs Hoher Schule geplaudert“
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