Am Abend zog der Fischer die schweren Netze ein

GEORG TRAKL PREIS / DIALOGE / EICHHORN

26/11/19 Hans Eichhorn fischte im Mai 2017 aus neunzig Metern Tiefe des Attersees seine eigene Geldbörse heraus, die er 25 Jahre zuvor dort verlor. Der 1956 geborene Berufsfischer dichtet aber auch, wofür er heute (26. November) den Georg Trakl-Preis erhält.

Von Franz Jäger-Waldau

Die Jury des Georg-Trakl-Preises, bestehend aus Gerhard Melzer, Christine Riccabona und Brita Steinwendtner, für Lyrik 2019 begründet ihre Entscheidung offenbar entzückt: „Mit Hans Eichhorn wird ein Autor ausgezeichnet, dessen umfang- und facettenreiches, jedoch relativ unbekannt gebliebenes lyrisches Werk eine phänomenologische Bestandsaufnahme des Alltags ist, seiner Schönheiten und Irritationen, seines Glanzes und seiner Brüche. Eichhorn, geboren 1956, lebt als Schriftsteller und Berufsfischer am Attersee – beides hat ihn Geduld und den genauen Blick gelehrt. Seine Gedichte sind von visueller Kraft geprägt, von großem Feingefühl für die minutiöse Beobachtung von Dingen, Menschen, sozialer Ausgrenzung und gesellschaftlichen Fehlentwicklungen, für die leichtfertige Zerstörung der Umwelt ebenso wie für die vielstimmige „Morgenoper“ des Erwachens auf dem See und für die Sommerkulisse aus Wasser, Gebirge und Licht in Traklscher Farbenpracht. Der Ton von Eichhorns Sprachewechselt zwischen Sachlichkeit und Wut, immer im Bewusstsein der Fragilität aller Aussagen und der Möglichkeit jeglichen Gegenteils. In den jüngsten Gedichtbänden verstärkt sich die Melodie verhaltener Trauer und einer Resignation, die den Einzelnen im Niemandsland ansiedelt. Mit dem Preis wird Hans Eichhorns Lyrik geehrt als das sorgsame Abschreiten eines engen Weltausschnitts, in dem das Ganze des Lebens aufleuchtet.“

Der Preisträger selbst antwortet darauf knapper: „Ich bedanke mich bei allen, die diesen Preis verantworten, nicht zuletzt bei den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes, die mit ihrem Beitrag den Rahmen dafür geben, dass Sprache und Poesie ein Leben zu verändern und zu befruchten wissen. Vielen Dank!“ Mehr Worte findet Eichhorn in der bereits mit dem manuskripte-Preis, dem O.Ö. Landeskulturpreis für Lyrik sowie dem Rotahornpreis ausgezeichneten Lyrik. Ein Auszug aus Hans Eichhorn – Logenplatzerschienen in der edition sommerfrische Attersee:

Schwamm darüber, den einen
oder anderen Zwetschkenbaumwipfel, hier, so,

von oben herab ein Mäandern und
Stockenten
halsgerucke, ein Einbringen von
sommerlich

satt hängendem Blatt, von austrei-
benden
Keimlingen, die in den Archiven des
Gelebten

schlummern. Die Erinnerung als
Balkonschatten-
muster an den Fliesen. Die kühlere
Brise, ein

Aufmerken und Zur-Frage-Stellen,
ein Festhalten
an den Geranien, am Fischerboot
inselwärts,

an den dümpelnden Segelbooten, die
ab und zu
das Heck aufklatschen lassen, so ein
klatschen

sein, so eine Welle, dass das Leben
die ausgeht,
so eine Keimlingsahnung, immer
bereit und

insgeheim der blühende Kopf.

Die Preisverleihung findet heute Dienstag (26.11.) um 19.30 im Rahmen des DIALOGE-Festivals statt. Der Preisträger wird persönlich lesen und vom Minguet Quartett mit einem Konzert begleitet. Teil des Programms ist das Quartett Nr. 2 für zwei Violinen, Viola und Violoncello mit Mezzosopran und Klarinette von Manfred Trojahn nach drei Gedichten von Georg Trakl - mozarteum.at
Bilder: privat/Hans Eichhorn