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Der Leserblick hebt sich, zwinkert der Welt zu und lächelt

BUCHBESPRECHUNG / JOCHEN JUNG / DAS BUCH

16/09/22 Leser. Lektor. Verleger. Autorenfinder. Autor. Wenn es die menschliche Gattung „Mann des Buches“ gibt, dann gehört Jochen Jung dazu. Für die Reihe Dinge des Lebens im Residenz Verlag hat er sich zur Feder gelassen. Titel des neuen Buches Das Buch.

Von Heidemarie Klabacher

Unter dem Lektor und späteren Verlagsleiter Jochen Jung hat der Residenz Verlag einst seine Hoch-Zeit als Literaturverlag – Artmann, Handke, Bernhard – erlebt. Sein eigener Verlag hat sich ab 2000 innerhalb weniger Jahre einen vielbeachteten Namen gemacht. Von Jochen Jung entdeckte Autorinnen und Autoren wurden und werden mit namhaften Preisen ausgezeichnet. Wenn die Leute zu großen deutschen Verlagen weiterziehen, schmälert das nicht die Entdeckerleistung des Hauses Jung und Jung, schon aber dessen Ertrag. Tocher Anna Jung, die eine zeitlang etwa die Pressearbeit für den Verlag gemacht hat, sah sich außerstande, die alleinige Leitungs-Verantwortung zu übernehmen. Im November vorigen Jahres hat Jochen Jung seinen Verlag aus der Hand und in die wirtschaftliche Hut des Schweizerischen Kampa Verlages gegeben. Nur wenige Wochen später, am 5. Jänner dieses Jahres, feierte Jochen Jung seinen Achtziger.

Das ist kein Alter. Trotzdem. Wenn dieser Buchmensch wenige Montate später ein Buch mit dem Titel Das Buch veröffentlicht, klingt das nach – zumindest vorläufigem – Vermächtnis. Am 13. September ist Das Buch herausgekommen. Was man sich als Berufsleser sonst untersagt, tritt ein. Erwartungen steigen. Und dann.

Gewiss bringt Neugier oft die Veränderung alter Ansichten mit sich, die manchmal sogar einen umfangreichen Roman lang durchhalten. Das entspricht gewiss, wenn auch nicht immer gewissenhaft, der Absicht des Buchautors, der in seinem Werk unvermeidlich, wenn nicht – wie zumeist – ohnehin gewollt, seine zunächst sehr persönlichen und im Erzählen deutlich und deutbar unter- und aufgebrachten Haltungen dem Leser zur Wahrnehmung und – bitte – zur Aneignung vorführt.“

Ob der Lektor Jochen Jung einst ein solches Satzungetüm zugelassen hätte? In einigen knappen Passagen über Begegnungen mit H.C. Artmann oder Peter Handke oder Thomas Bernhard schimmern konkrete Erinnerungen durch, die sich alsbald wieder in ein Worthülsen-Nirwana verflüchtigen. Manche Passage lässt sich durchaus ohne Haupt- und Nebensatz-Unterstreichungen in Blau und Rot bewältigen.

Und das ist Literatur und natürgemäß auch Ziel und Sinn des Lesens von Literatur: zwei Seiten (Menschen, Haltungen, Wahrnehmungen) treffen aufeinander, der eine teilt dem anderen etwas mit, der sein Teil für sich behält und nicht nur froh ist, sich weder streiten noch dem anderen um den Hals fallen zu müssen, sondern sich durch den Text des anderen selbst in Bewegung setzt, sich amüsiert oder ärgert (oder, leider, langweilt) und sich jedenfalls vielfältig beschäftigt fühlt.

Dass beim Lesen „die freudvolle Hoffnung auf eine positive Überraschung“ oft „geduldig bleiben“ muss, weiß der Autor selber. „Das gilt gewissermaßen auch für die Ungeduld nach einer Enttäuschung, die von Seite zu Seite deren Wiederkehr befürchtet und, wenn diese tatsächlich und wiederholt eintritt, dazu führt, das Buch berechtigt und endgültig zuzuschlagen. Aua!

Jochen Jung: Das Buch. Mit Illustrationen von Hanna Heckau. Reihe Dinge des Lebens. Residenz Verlag, Salzburg 2022. 62 Seiten, 18 Euro – www.residenzverlag.com
Die Kamera, das erste Buch in der Reihe, ist von der Fotografin Elfie Semotan und dem Autor Ferdinand Schmatz – www.residenzverlag.com

 

 

 

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