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Entlieben, wie geht das?

BUCHBESPRECHUNG / FLOR / KLARTRAUM

07/11/17 „Dabei ist doch alles so einfach: Eine Frau liebt‘ einen Mann, er liebte nicht zurück, so ist das eben.“ Dass es nicht ganz so einfach ist, zeigt Olga Flor in „Klartraum“ – einer ungewöhnlichen Liebesgeschichte, in der es nicht um das Sich-verlieben geht, sondern um das Sich-entlieben.

VON VERENA RESCH

Die – wenn man so will – Liebesgeschichte ist keine von der Sorte, die mit der sogenannten „Liebe auf den ersten Blick“ beginnt und sie endet auch nicht – so viel darf an dieser Stelle bereits verraten werden – mit einem Happyend à la „und wenn sie nicht gestorben sind...“. Stattdessen beginnt sie damit, dass A sich von P trennt. P ist die Protagonistin dieses Romans und A ihr Antagonist – wahlweise werden sie auch als Punkt und Anton bezeichnet. Namen gesteht die Autorin keiner Ihrer Figuren zu, was auch an eine Gesellschaftsstudie denken lässt.

Was P und A miteinander verbindet, ist eine 25 Jahre andauernde Affäre, mit der man jedoch trotz allen Begehrens rational umzugehen versuchte. Da beide eigentlich an andere Partner – C und T – gebunden sind und auch Kinder haben, soll trotzdem das Familienleben an erster Stelle stehen und nicht zerstört werden. Dass das nicht auf Dauer gut gehen kann, weil Leidenschaft und Verstand nicht wirklich gut zu einander passen ist klar: „Alles in allem eine höchst alltägliche Geschichte. Absehbar, mit einem absehbaren Ende, man müsste dieses Ende nur endlich akzeptieren.“

So rational, wie man die Beziehung zu begegnen versuchte, wird auch ihr Ende abgehandelt. Da passt es gut, dass am Nebentisch des Berliner Cafés über Kostenpunkte und Maßnahmenpakete gesprochen wird. Was danach folgt, ist ein langer und schmerzhafter Prozess des Entliebens. Ohne Sentimentalitäten und pathetische Gefühlsduselei, dafür sehr ehrlich und keineswegs gefühllos schildert Olga Flor aus der Perspektive von P diesen Prozess. In den Kurzkapiteln, die mit „Lust“, „Verlust“, „Glück“, „Möglichkeit“ und „Komik“ überschrieben sind, erzählt die Autorin auch von den Anfängen dieser Affäre, der großen Leidenschaft, Momenten der Sehnsucht sowie der Weigerung, an der Liebe zugrunde zu gehen. Sie sammelt dabei zahlreiche kluge Beobachtungen: „Und das war sie nun die große Liebe? Die unausweichliche, unaussprechliche, grenzenlose Liebe, das soll sie sein? Bisschen banal. Doch, genau das war sie, und hast du nicht gesehen, ist sie auch schon vorbeigerumpelt.“

Doch trotz aller Tiefsinnigkeit und schöner Sätze zieht sich der Roman ab der Hälfte etwas in die Länge. Seine Spannung gewinnt der Text nicht aus einer aufregenden Handlung, was gewiss kein Manko ist, aber die 280 Seiten sind in diesem Fall doch zu viel. Nicht ganz klar wird der Zusammenhang, den die „Möglichkeits“-Kapitel - in denen es um die Paketzustellerin G geht, die ihre Freizeit auf Mittelaltermärkten verbringt - mit den anderen haben sollen. Noch weniger verständlich ist das Kapitel „Vom Leben in den großen Städten“, in welchem gegen Ende des Romans eine Zukunftsvision entworfen wird, in welcher die Welt von Rittern, Königstöchtern, Wüstenmenschen und Untoten bevölkert wird. Das erinnert an eine Kopie der Fantasy-Serie „Game of Thrones“. „Klartraum“ bleibt trotz einzelner Kritikpunkte auf jeden Fall eine Lektüre wert.

Olga Flor: Klartraum. Roman. Jung und Jung Verlag, Salzburg 2017. 282 Seiten, 23 Euro – Jung und Jung
Olga Flor ist mit ihrem Roman "Klartraum" für den Österreichischen Buchpreis nominiert, der heute Dienstag (7.11.) zum zweiten Mal am Vorabend der BUCH WIEN verliehen wird. Am Donnerstag (9.11.) finden um 15 Uhr auf der BUCH WIEN eine Lesung sowie ein Buchgespräch mit dem Preisträger/der Preisträgerin statt. – www.oesterreichischer-buchpreis.atwww.buchwien.at

 

 

 

 

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