Zur Glosse Bei Grünlicht: Applaus! (12.4.)

20/04/10 Ich hätte nicht zu hoffen gewagt, im von mir so geschätzten DrehPunktKultur eine Glosse zu bekommen, verfasst vom spiritus rector selbst. Ab jetzt gilt die „Unschuldsvermutung“ für mich nicht mehr. Ich oute mich gerne: als das „ Ober-Schweinsohr“!
Wohlgemerkt: Auch einem so scharfen Beobachter wie Ihnen kann einmal  eine empfindliche Fehldiagnose passieren. So war es wirklich nicht, sondern:
Die unendlich lange und überirdisch schöne Arie der überirdisch schön singenden Arianna löste in mir derartige Emotionen aus -auch mit 75 hat man noch solche -, dass ich mich nicht mehr halten konnte und zu klatschen begann. Voraus gegangen war mein Bravoschrei, der im Saal aus zwei verschiedenen Ecken wiederholt wurde. Auch mein Klatschen wurde spontan im Saal akzeptiert und fortgesetzt. Die Begeisterung war halt stärker als die musiktheoretischen Voraussetzungen: Wie nämlich eine Dacapo Arie funktioniert, habe ich im Laufe von 60 Jahren schon mitbekommen. Und ich bin sicher nicht der Einzige! Da ohnedies die Arie eine quasi Pause hatte, ist die Formulierung „ruinöses Dreinklatschen“ wohl übertrieben. Dass all die vielen spontan Mitklatschenden „Schweinsohren“ haben sollen, glaube ich Ihnen nicht.
Ich habe eine lange Liste von „unerwartetem, unüblichem“ Applaus: Angefangen mit einem Klatschinterruptus mitten in die "Schöne Müllerin" hinein (Mozarteum, Berchthold) bis zur TOSCA Renata Tebaldis unter Gavazzeni an der Scala 1959 in der Kirchen-Szene mit Scarpia.
Zum versöhnlichen Abschluss als Trost bezüglich Ihrer Sorge „um die Zuhör-Fähigkeiten vieler Zeitgenossen“: Denken Sie daran, dass Schweine nicht nur Ohren, sondern auch Herzen haben. Nach neueren Forschungen ist das Schweinsherz dem menschlichen geradezu unheimlich nahe verwandt.
Ferdinand Rudolf Dreyer