Großer Ärger über ungeschriebene Rezensionen

05/06/21 Dass die SN nur äußerst sporadisch mich, mein Orchesterprojekt und meine Literatur wahrnehmen, daran bin ich schon gewöhnt. Obwohl: Zuletzt hat mich eine sehr profunde Rezension von Florian Oberhummer doch positiv überrascht. Dass auch der „Neue Merker“ und sogar die burgenländische bvz meine Autobiographie mehr als wohlwollend besprochen haben, war dann das mich beglückende Tüpferl auf dem i.
Von euch – respektive von Dir, Reinhard – hab ich lediglich eine flapsig-ablehnende Antwort erhalten, aber Flapsigkeit war ja immer schon ein dich begleitendes Merkmal. Sei’s wie es sei. Ich hab euch jedenfalls die drei Rezensionen geschickt und: keine wie immer geartete Reaktion darauf erhalten; überrascht war ich darob nicht. Klar, ihr habt wirklich viel zu tun...
Nun habe ich am vergangenen Samstag eine (erste nach den diversen lockdowns) Aufführung mit meinem Orchesterprojekt in der – schon aus Gründen, dass es in einem kulturell nicht ganz unproblematischen Stadtteil stattfindet – auch akustisch höchst geeigneten Stadtgalerie Lehen (eh schon zum dritten Mal) durchgeführt. Ich habe euch, wie natürlich auch die SN, ausreichend darüber informiert, dass es zwei Programm-Highlights darin gab:
Zum einen meine Instrumentierungen von Goethe-Liedern, die alle von Komponistinnen stammen, also etwas, was uns allen kulturell wohl am Herzen liegen sollte, zumal diese unter die Räder einer patriarchalisch geordneten Geschichte geraten waren. Neben einer Fanny Hensel waren durchaus völlig unbekannte Namen dabei: Oder habt ihr jemals etwas von einer äußerst kompetenten Josephine Lang, einer Jeanette Bürde, Johanna Kinkel und gar von einer komponierenden Annette von Droste-Hülshoff gehört?! Und – darüber freue ich mich besonders – der sich ausschließlich Komponistinnen der Vergangenheit bis zur Gegenwart widmende Furore-Verlag in Kassel hatte zu diesem Anlass bereits einen ersten Band mit diesen von mir instrumentierten 8 Liedern herausgebracht. Ein zweiter Band mit weiteren 8 Liedern wird in absehbarer Zeit folgen; der Vertrag ist jedenfalls beiderseits unterschrieben.
Damit nicht genug, habe ich bei dieser Aufführung Simon Sechters Fugato-Vervollständigung eines vermeintlich von Mozart stammenden Fragments erstmals (seit mindestens hundert Jahren) aufgeführt, und gleich dazu jenen kompletten Fugato-Satz aus Michael Haydns Symphonie in D, MH 287 (nebenbei bemerkt: in meiner Edition bei Doblinger!), deren erste 45 Takte Mozart für sich kopiert hatte. Ein veritables Kriminalstück der Musikgeschichte also.
Mein Hinweis, dieses Sechter-Stück auch im September mit Wolfgang Brunners „Salzburger Hofmusik“ anlässlich eines Konzerts der „Haydnregion NÖ“ aufzuführen, wäre jedenfalls auch nicht von schlechten Eltern, auch wenn sich die hierorts ansässige Johann-Michael-Haydn-Gesellschaft diesmal zu keiner Kooperation mit der „Haydnregion NÖ“ bereit gefunden hat. Ein neuer Geschäftsführer gegenüber 2019, oder weshalb sonst dieses Desinteresse einer aufgelegten Kooperation?
Ich weiß schon, dass unser „Orchesterprojekt“ mit seiner Durchmischung von Amateuren und Profis vom Prinzip her nicht den ganz hohen Qualitätsstandards eines Festspielniveaus entspricht, aber – so ihr euch wenigstens ab und zu dafür interessiert gezeigt hättet – wir bieten von Mal zu Mal immer höhere Qualität, die sich durchaus hören lassen kann!
Sei’s drum. Ihr habt ganz offenbar andere Präferenzen. Immerhin hast du, Reinhard, wenigstens einmal eine Orchesterakademie von uns im Odeion besucht und darüber berichtet. […] Ach ja, du warst sogar (abgesehen von zwei späteren DKP-Berichten von Reischenböck und Guttmann dazwischen), als du noch für die SN geschrieben hast, 2003 sogar bei unserer allerersten Orchesterakademie in Hallein und hast nett darüber geschrieben. Das war noch ganz zu Beginn unserer Orchesterprojekte. Die 5. Schubert damals war meiner Einschätzung nach ganz lieb musiziert, mehr nicht. Am vergangenen Samstag war nochmals der 1. Satz dran: Den Unterschied hättest du erleben sollen. So nämlich hat sich unser Orchesterprojekt im Laufe von mehr als eineinhalb Jahrzehnten entwickelt...
Genug mit meiner Suada. Ich bin dieses Mal (und auch schon davor wg. meiner Autobiographie) wirklich schwer enttäuscht von euch,  das lasst euch mal gesagt sein. Und wenn künftig nicht einmal solche geradezu aufgelegten Spezialitäten für euch von Interesse für eure Leserschaft sind, werde ich mir schweren Herzens überlegen, euch den Rücken zuzukehren, so wie ihr euch es mir gegenüber jetzt schon zweimal geleistet habt.
Habe-die-Ehre
Wolfgang Danzmayr