Lebkuchen duften nicht nur zur Weihnachtszeit

KELTENMUSEUM / „SÜSSE HALLEINER“

21/12/12 Eine solche Ausstellung passt in die Jahreszeit wie nur. Freilich: Lebzelten wurden nicht nur zu Weihnachten verschenkt und gegessen.  Verlobung, Hochzeit samt Kinderwunsch – das waren ebenfalls Anlässe, und so kommen Liebespaare, Kavalier und Dame, Herzen und Fatschenkinder als Motiv auf die Leckereien.

Seit hundert Jahren betreibt die Halleiner Familie Braun ihre Konditorei. Am 1. September 1912 – also vor hundert Jahren – kaufte der Großvater des heutigen Inhabers, Matthäus Braun, den Betrieb und übernahm damit auch den Bestand an Modeln. Im so genannten Torner-Haus werkten ja seit je her Lebzelter.

Die Modeln waren und sind das unverzichtbare Handwerkszeug eines Lebzelters. Was darin gegossen wurde, ist freilich nicht immer essbar. Die Modeln brachten nicht nur Teig in Form, sondern auch Wachs. Warum Lebzelter und Wachszieher ein Gewerbe in Personalunion waren, ist leicht zu erklären. Der Grundstoff kommt von der Biene. Lebzelter und Zuckerbäcker dagegen waren früher getrennte Berufe. Die einen süßten ihre Erzeugnisse mit Honig, die anderen eben mit Zucker. Neben Marzipan (Gemisch aus Zucker, Mandeln und Rosenwasser) arbeiteten sie vor allem mit Tragant. Hergestellt aus dem Saft des Bocksdornstrauches fungierte Tragant als Bindemittel bei der Herstellung haltbaren Zuckerwerks für die prunkvollen Tafeldekorationen und Tortenverzierungen. Die vielen Dekorationsteile wurden mit Hilfe von Modeln geformt und dann zu dreidimensionalen Gebilden zusammengesetzt.

Für Wachszieher, Lebzelter und Zuckerbäcker war der Model jedenfalls unverzichtbares Handwerkszeug.  Der Begriff „Model“ leitet sich vom lateinischen „modulus“, das Maß, ab. Es ist eine geschnitzte Holzform, die im traditionellen Handwerk in verschiedenen Bereichen angewandt wird. Wie ein Stempel funktioniert der flache Druckmodel, mit dem man Stoffmuster aufdrückt. Als Hohlmodel – also in vertiefter Form - wird er im Lebzelter- und Wachszieher-Handwerk verwendet. Durch Herausstürzen des Teiges entsteht das mit Reliefschmuck ausgestattete ornamentale oder figürliche Gebäck.

Zur Herstelllung vollplastischer Figuren sind zweiteilige Model – so genannte Doppelmodel – für die Vorder- und Rückseite notwendig. Aus ihnen wurden einst auch die vollplastischen Wachsvotive geformt. Das waren dann oft Votiv-Figürchen, also Weihegaben, die man in der Kirche gespendet hat, um spezielle Anliegen zu Verbildlichen.

Schließlich waren Holzmodel auch in jedem Bauernhaus zu finden: Man formte damit die Butter. „Mit der Erfindung des Models hat sich der Mensch das Werkzeug zur seriellen Vervielfältigung geschaffen. Sein Gebrauch ist in sämtlichen frühen Kulturen anhand von Funden nachweisbar”, erklärt die Volkskunde-Kustodin des Salzburg Museums, Ernestine Hutter.

Bereits im Jahr 1903 kam ein Konvolut von 37 Modeln mit dem Vermerk „Aus Hallein stammend“ ans Salzburg Museum. Nun ist ein Gesamtbestand von über siebzig Halleiner Modeln identifiziert und in dieser Sonderschau im Keltenmuseum zusammengeführt. In der Schau wird auch die Entwicklung des Familienbetriebes von der Lebzelterei und Wachszieherei bis hin zur heutigen Konditorei Café Braun nachgezeichnet.

Obwohl der Großteil der Halleiner Bevölkerung vom 17. bis ins 19. Jahrhundert in recht bescheidenen Verhältnissen lebte, waren die aus den kunstvoll geschnittenen Modeln ausgeformten Lebkuchen zu bestimmten Gelegenheiten begehrte Produkte. In Hallein existierte zudem eine bürgerliche Schicht, die sich die kostbaren Waren des Lebzelter- und Wachszieher-Handwerks jederzeit leisten konnte. Ohne genügend kaufkräftige Abnehmer hätte sich der Betrieb im Lebzelter-Haus am alten Milchmarkt nicht so lange halten und florieren können.

Im Prinzip funktioniert das Ausgießen bis heute gleich. War es früher die Perfektion der Modelschneider, die Abdruckmodel und damit erstaunliche Kunstwerke aus Lebkuchen geschaffen haben,so liegt die Herausforderung heute vor allem beim Konditor. Erst durch seine Kreativität und Fingerfertigkeit gehen aus den serienmäßig gefertigten Formen individuelle Kunstwerke hervor. Vor dem Ausgießen einer Form aus Acrylglas bedarf es geschickter Vorbereitung im Stil der Hinterglasmalerei, um dem Weihnachtsmann ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

“Süße Halleiner. Die Lebzelter-Model der Familie Braun“. Bis 26. Mai im Keltenmuseum Hallein – www.keltenmuseum.at
Zur Schau ist ein Buch erschienen, „Der Modelschatz aus Hallein“ von Ernestine Hutter und Gerd Braun. (€ 24.-)
Bilder: Salzburg Museum