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Einfach mal alles als Experiment sehen

TAMSWEG / KUNSTHALLE FÜR ALLE

14/02/22 Eine Frage mit offenem Ausgang sollte es in Wirklichkeit wohl nicht sein. Denn wozu eine Kunsthalle, wenn man nicht davon überzeugt wäre, eine solche wirklich zu brauchen? Wie man das Wort Kunsthalle im kleinsten Salzburger Bezirk, im Lungau, definiert.

Von Reinhard Kriechbaum

Bei Kunsthalle kommen einem ja doch eher große Ausstellungen in den Sinn. Solche, die eine Perspektive auf die bildende Kunst weit über den lokalen Rahmen hinaus öffnen. Eine solche ist natürlich auch in Tamsweg nicht ausgeschlossen, sogar erwünscht. Was Johanna Lettmayer und Marcella Wieland, den beiden Verantwortlichen für diese neue Einrichtung der Lungauer Kulturvereinigung aber enorm wichtig ist, ist der Zusatz „für alle“. Eine Kunsthalle für alle soll es sein. Inklusiv durch und durch. „Die Kunsthalle für alle ist kein klassischer Ausstellungsraum, sondern ein offener, den Zielgruppen und der breiten Öffentlichkeit zugänglicher Ort, an dem wir arbeiten, Prozesse und Überlegungen sichtbar machen und mit Neugierigen gern bei einer Tasse Kaffee über die Vorgänge plaudern.“ Anregungen kann man auch in einen Postkasten vor der Eingangstür werfen.

Schlossparkweg 3 ist die Adresse. Von Kunst-„Halle“ zu reden, mag vielleicht ein wenig zu euphorisch anmuten. Die Möglichkeit bot sich, weil es an dieser Adresse einen Leerstand, ein freies Geschäftslokal gab. Seit Anfang Februar ist hier also die Bildende Kunst daheim. Es geht darum, ein befruchtendes Umfeld zu bieten, Menschen zur Kunst-Produktion anzuregen, kreatives Potential freizulegen. „Im ersten Jahr widmet sich die Kunsthalle für alle der Frage ihrer eigenen Definition“, erklären die Tamsweger Kunsthistorikerin, Museumspädagogin und Künstlerin Johanna Lettmayer sowie Marcella Wieland, Künstlerin und Schauspielerin aus Unternberg. „Wozu brauchen wir sie überhaupt und wofür könnten wir sie nutzen? Wie könnte sie aussehen und funktionieren? Was könnten wir darin tun und erfahren?“

In Zusammenarbeit mit im Lungau lebenden professionellen Künstlerinnen und Künstlern, mit ambitionierten lokalen Kreativen und Schulklassen sollen unterschiedliche Konzepte und Utopien für die Kunsthalle für alle entwickelt und erprobt. In jedem Monat ist ein mehrtägiges „Labor“ angesagt, sprich: eine Themensetzung. Da heißt es beispielsweise Ende April „Die Institution sind wir“, oder im Mai „Ein Hobby“. „Schule macht Kunst“ ist gegen Schulschluss ein nahe liegendes Angebot.

Vorerst gibt’s für zwei Jahre Geld für das EU-Leaderprojekt. Es wird gefördert vom Verein Leader Biosphäre Lungau und von Bund, Land und Europäischer Union unterstützt. Seit der Schließung der Galerie im Lungau vor einigen Jahren war die Bildende Kunst im Veranstaltungsprogramm der Lungauer Kulturvereinigung auf unterschiedliche Räume und Veranstaltungsorte verteilt. Mit der Kunsthalle für alle gibt’s also wieder so etwas wie eine zentrale Anlaufstelle.

Das nächste „Labor“ von 23. bis 26. März steht unter dem Motto „Do it Yourself“, und da verweist man auf ein hierzulande weniger bekanntes Vorbild aus der Pop-Art-Bewegung: Mary Corita Kent (1918-1986) war Nonne und Künstlerin, auch politische Aktivistin. Sie entwarf 10 Rules for Students, Teachers, and Life, eine Schrift, die fälschlicherweise oft John Cage zugeschrieben wird. Dort heißt es im Punkt vier: „Consider everything an experiment.“ Kein schlechtes Leitmotiv auch für die neue Kunsthalle für alle.

Kunsthalle für alle, Schlossparkweg 3, 5580 Tamsweg – www.lungaukultur.at
Bild: LKV

 

 

 

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