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Keine ruhige Sommerfrische für Schönberg

MATTSEE / ZEITGESCHICHTE / SCHÖNBERG

27/10/16 Mit einem Festkonzert für Arnold Schönberg in der Stiftskirche endete gestern Mittwoch (26.10.) die Bildungswoche Mattsee 2016, die unter dem Motto „Erinnern ist Leben, Last und Freude“ stand.

In Sachen Schönberg ist das Erinnern dort durchaus eine Last: Der gebürtige Wiener Arnold Schönberg (1874-1951) weilte im Sommer 1921 für kurze Zeit in Mattsee, vermittelt von seiner Schwägerin Berta, der Tochter des Salzburger Bürgermeisters Max Ott. Die Sängerin Berta Ott war die Frau von Schönbergs Bruder Heinrich, der als Bariton am Salzburger Theater engagiert war und in seiner geliebten Wahlheimat 1942 nach einer Folterung durch die Gestapo gestorben ist.

„Der 1921 bereits ebenso prominente wie umstrittene Komponist Arnold Schönberg wollte im Seenland ruhige Tage verbringen, urlaubend, schaffend, unterrichtend“, erklärt Gottfried Franz Kasparek (der Leiter des Mattseer Diabelli Sommers). Daraus wurde nichts, denn damals hatte man sich aufs Banner geschrieben, Mattsee zur „judenfreien Sommerfrische“ zu machen. Die Kampagne richtete sich also gegen Sommerfrischler aus Wien. Schönberg, der jüdischer Abstammung, aber getaufter Christ war, verließ Mattsee. Es war sein Damaskus-Erlebnis auf dem Weg der Rückkehr zum Judentum. „Als 'Mattseer Vorfall' ist das Ereignis in die Musikgeschichte eingegangen“, so Kasparek. „Den Nachgeborenen obliegt die Pflicht, die dunklen Kapitel der Geschichte ihrer Heimat aufzuarbeiten.“

„Die Aufführung zentraler Werke Schönbergs ist nicht nur als Begegnung mit Meisterwerken der Moderne, sondern auch als wichtiger Beitrag zur Aufarbeitung der Mattseer Zeitgeschichte und zu zeitgemäßer und kritischer historischer Forschung zu verstehen", bekräftigte auch Landeshauptmann Wilfried Haslauer vor dem Konzert in der Stiftskirche, dem Abschluss von „fokus:mattsee“. Zu hören waren die junge britische Sängerin Rowan Pierce und das Stadler Quartett. Im 2. Streichquartett tritt eine Sopranstimme zu den Streichern und verkündet „Luft von anderem Planeten", womit eine musikalische Revolution begann, die Auflösung der Tonalität. Noch ganz im Banne der schwelgerischen Spätromantik in der Nachfolge Richard Wagners steht dagegen das wundersame Streichsextett „Verklärte Nacht". Auch eine Uraufführung gab es in dem Konzert: ein von der international erfolgreichen österreichischen Komponistin Johanna Doderer komponiertes Streichquartett mit dem Titel „Mattsee". Im Bild die Komponistin mit Berta Altendorfer vom Bildungswerk Mattsee.

An die antisemitische Hetze gegen den Komponisten Arnold Schönberg erinnert nun auch eine Gedenktafel.
(dpk-kasp/Landeskorrespondenz)

Bild: Franz Neumayr LMZ

 

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