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Der Wanderzirkus und das österreichische Kino


REST DER WELT / DIAGONALE / SIEGERFILME

21/03/10 Eine exotische „Kulisse“, die aber für einige (Überlebens-)Künstler nach wie vor eine eigene, heile, kleine Welt darstellt: Im Wanderzirkusmilieu spielt „La Pivellina“, der Siegerfilm der diesjährigen „Diagonale“.

Von Reinhard Kriechbaum

altDer Dokumentarfilm „Babooska“ der Südtiroler Filmerin Tizza Covi und ihres Wiener Kollegen Rainer Frimmel war schon mal für eine Auszeichnung bei der Diagonale gut: Das war ein berührender Film aus der Boheme fahrender Zirkusleute. Diese Menschen haben die beiden 1971 geborenen Filmer damals so beeindruckt, dass sie auch ihren ersten Spielfilm, „La Pivellina“, in diesem Milieu angesiedelt haben. Und wieder waren es authentische Menschen aus dem einschlägigen Mileu, mit denen sie gedreht haben. Der Streifen war im Herbst auch schon Eröffnungsfilm der Viennale. Jetzt ist er in Graz mit dem Hauptpreis (15.000 Euro plus Sachpreise für insgesamt 6.000) ausgezeichnet worden. „Uns ist das Herz aufgegangen“, schrieb die Jury über die Findelkind-Geschichte, in der die Zirkusleute das Herz eben am rechten Fleck (und nicht die Gedanken in Vorschriften) haben.

Auch der Dokumentar-Siegerfilm mit dem etwas rätselhaften Titel „Hana, dul sed ...“ von Brigitte Weich und Karin Macher ist geeignet, einem das Herz aufgehen zu lassen: Den beiden Filmemacherinnen ist es gelungen, in Nordkorea zu drehen, Porträts zu machen von den Mitgliedern einer Frauen-Fußballmanschaft, die ihren Staat bei olympischen Spielen hätten vertreten sollen. Hätten, wohlgemerkt: Denn mit der Qualifikation hat es dann doch nicht altgeklappt. Vier Spielerinnen in einfühlsamen Psychogrammen, die auch viel wissen lassen vom politischen und sozialen Leben in diesem verschlossenen Land.

Eine Beobachtung, die viel aussagt über das Diagonale-Klima und das Selbstverständnis des Festivals des österreichischen Films in Graz: Sehr viele Filme waren englisch untertitelt. Das sei, so die zum zweiten Mal für die Diagonale verantwortliche Leiterin Barbara Pichler, den vielen ausländischen Gästen geschuldet: 1200 akkreditierte Journalisten und Branchenangehörige aus 26 Ländern - die Zahl signalisiert Öffnung. Diese Einladungspolitik, so die Intendantin, diene dazu, „dass die Leute österreichische Filme mitnehmen zu ihren eigenen Festivals“. Viele Kontakte ergäben sich zwischen Filmemachern und ausländischen Festival-Leitern, „es bringt den östereichischen Filmemachern also etwas“.

Rund hundert österreichische Regisseure waren selbst da. Die Diagonale in Zahlen: 129 Vorstellungen, davon 31 Uraufführungen und 23 Österreich-Premieren. 18.000 Tickets hat man ausgegeben an den fünf Tagen (16.-21.3.). Fünfzig, also mehr als ein Drittel der Vorstellungen, waren ausverkauft, die Auslastung insgesamt lag bei 72 Prozent. Die allgemeine Tendenz nach oben hat natürlich mit den internationalen Erfolgen österreichischer Kinofilme zu tun. Der Wermutstropfen für die Festivalleiterin: Auch die Diagonale hat, wegen allgemein größeren Andrangs auf Subventionen, weniger Fördergeld bekommen. Sie hat also eher schlechte Karten, was einen zusätzlichen Festivaltag betrifft: De würde 150.000 Euro mehr Budget erfordern, aber die Möglichkeit bieten, „etwas luftiger zu programmieren“. Das wäre durchaus gefragt, denn die Filmfolge ist dicht, und - so Barbara Pichler - „die Tendenz zum mittellangen Film setzt sich fort“.

Die nächstjährige Diagonale findet von 22. bis 27. März statt. - Die komplette Preisträgerliste.
Die DrehPunktKultur-Berichte vom diesjährigen Festival:
Eröffnungsfilm „Der Kameramörder“ {ln:Im stylishen Gefängnis}
Personale Peter Schreiner {ln:Ein Bruchstück-Philosoph}
Hintergrund: {ln:Ein Börsen-Hai aus Salzburg} und {ln:Völlig durchgeknallt}
Bilder: Diagonale

 

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