Keine Lust auf Dienstvorschriften

NEU IM KINO / THE GUARD – EIN IRE SIEHT SCHWARZ

31/10/11 Regisseur und Drehbuchautor John Michael McDonagh bietet Hauptdarsteller Brendan Gleeson die Möglichkeit, sein Können voll auszuspielen. Und die Zuschauern können ihren englischen Schimpfwortschatz ordentlich erweitern.

Von Michael Russ

Im Großen und Ganzen hat Garda-Sergeant Gery Boylem (Brendan Gleeson) in einer irischen Kleinstadt im Landkreis Connemara einen ruhigen Job, der auch während der Dienstzeit genügend Zeit für allerlei Freizeitbeschäftigungen oder ein Guinness im Pub lässt. Dienstvorschriften oder moderne Ermittlungsmethoden hält er für unnotwendigen Kram aus Dublin oder gar den USA. Seine Kollegen und Mitmenschen hält er sich mit absichtlichen Beleidigungen in deftiger Sprache vom Leib. Und da Essen und Trinken alleine zu wenig sind für einen Mann in den 50ern, ist er Stammgast bei einer Agentur in Dublin, die Prostituierte vermittelt. Dieser raue Sergeant kann aber auch feinfühlig sein, besonders wenn er seine Mutter, die nur noch wenige Monate zu leben hat, im Pflegeheim besucht.

Nichts von dieser Feinfühligkeit bekommt der neue Kollege Aidan McBride (Rory Keenan) zu spüren, der sich aus Dublin versetzen ließ und seinem neuen Vorgesetzten völlig fassungslos gegenübersteht. Schon am ersten Arbeitstag des Neuen werden sie zu einem Mordopfer gerufen, McBride ist entsetzt über Boyles Verhalten am Tatort. Mit Drogenschmuggel hat die Sache zu tun, wie sich zeigt, ein FBI-Agent Wendell Everett (Don Cheadle) mischt mit – und die Angelegenheit wird prekär, als McBride spurlos verschwindet. Boyle sieht sich Erpressungs- und Bestechungsmanövern ausgesetzt. Die Gangster müssen jedoch bald erkennen, dass sie hier an den Falschen geraten sind.

Regisseur und Drehbuchautor John Michael McDonagh hat eine grundsätzlich harte Story geschrieben, mit etlichen Toten sowie einem blutigen Finale, dann aber dem Ganzen durch das Agieren der Protagonisten eine komödiantische Note verliehen. Zugeschnitten ist der Film völlig auf die Figur des Gery Boyle, der mit seinem respektlosen Gehabe und der derben Sprache, bei der die Bestandteile eines Satzes häufig rund um das Wort „Fuck“ gruppiert werden, alle anderen in den Schatten stellt. „Rassismus ist ein Teil meiner irischen Kultur!“ antwortet er auf einen Verweis durch seinen Vorgesetzten, nachdem Boyle den schwarzen FBI-Mann mit den Worten „Ich dachte nur Schwarze sind Drogenschmuggler!“ provoziert hatte. Die Wortgefechte zwischen Boyle und Everett werden zu den Höhepunkten des Films. Als Kontrast dazu geben sich die drei Schmuggler und Mörder auf gelangweilte Art eloquent und tauschen sich über den Sinn des Lebens und die Vorzüge von Nietzsches Werk aus.

Obwohl die Rollen durchwegs gut besetzt sind, wird das Anspielen gegen Brendan Gleesons Präsenz ein Kampf gegen Windmühlen. Gleeson hat den dankbarsten Part im Film und weiß das voll zu nutzen. Mit jeder Faser seines Körpers ist er Gery Boyle und somit ein hervorragender Hauptdarsteller in einem spannenden Film, der auch reichlich Gelegenheit zum Lachen bietet.

Bilder: www.guard-derfilm.de