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Mit dem Alter ist die Vergangenheit näher

NEU IM KINO/ SMALL WORLD

17/12/10 „Wissen Sie, dass das Gedächtnis von Goldfischen nur 30 Sekunden anhält? Danach können sie die Welt neu entdecken.“ Wie einem Goldfisch ergeht es dem demenzkranken Konrad (Gérard Depardieu) in Bruno Chiches Film „Small World“. Dieser zeigt dem Kinobesucher, wie man die Welt mit den Augen eines Kindes immer wieder neu wahrnehmen kann.

Von Isabell Spanier

Eine Geschichte, die wie so viele andere mit einer Freundschaft beginnt. Für den jungen Konrad Lang ist Thomas Senn (Niels Arestrup) wie ein Bruder. Zusammen aufgewachsen, teilen sie alle Kindheitserlebnisse. Die Zeit und das Erwachsenwerden bringen jedoch Trug und Intrigen in die Familie und so leben Thomas und seine Mutter Elvira (Françoise Fabian) heute auf Abstand zu Konrad.

Simone (Alexandra Maria Lara) lernt Konrad als nun 60-jährigen Mann kennen, den das Leben geprägt hat. Sie selbst hat gerade in die reiche Industriellen-Familie Senn eingeheiratet, ihr Mann Philippe scheint jedoch schnell das Interesse an ihr verloren zu haben und stürzt sich neben dem alltäglichen Arbeitswahnsinn auch noch in die ein oder andere Affäre. Simone ist unglücklich, aber nicht dumm. So nutzt sie ihre Zeit um auf andere Gedanken zu kommen: Wer ist dieser Konrad, der uneingeladen in ihre Hochzeitsfeier platzt? Und warum wühlt seine Anwesenheit vor allem ihre Schwiegermutter Elvira so auf?

Simone begreift, dass Konrad an zunehmenden Gedächtnislücken leidet. Er kann damit die jüngste Vergangenheit nur mehr geringfügig bis gar nicht erinnern. Was für beeindruckende Leistungen das Langzeitgedächtnis jedoch gerade bei Demenzkranken vermag, zeigt sich nach und nach. Denn was Konrad bleibt und immer deutlicher ans Tageslicht driftet, sind seine Kindheitserlebnisse, denn „mit dem Alter ist die Vergangenheit näher“. Angesichts der vielen anschaulichen Erinnerungen aus der Sicht eines Kindes muss der Betrachter über den oft so tollpatschigen wie auch naiven  jungen Konrad schmunzeln. So schneit es für ihn im Winter „kleine weiße Taschentücher“ oder aber er phantasiert mit seinem Kindheitsfreund: „Weißt du wie der Himmel gemacht wird, Tomi? Mit koloriertem Wasser.“

Als Elvira von Konrads Zustand erfährt, scheint sich alles zuzuspitzen. Sie ist erschüttert, ihrer Meinung nach soll Vergangenheit auch Vergangenheit bleiben, denn „Erinnerungen machen alt. Und man erinnert nicht immer die besten Sachen.“ Als Simone in einem von Elvira versteckten Fotoalbum der Familie stöbert und Konrad von panischen Kindheitsängsten geplagt wird, merkt nicht nur Simone, dass hier etwas ins Rollen gerät.

„Small World“, eine deutsch-französische Produktion nach dem Erfolgsroman von Martin Suter, ist eine sehr anspruchsvolle, verwoben-durchkonstruierte Tragikomödie, mit Krimielementen, denn das Puzzle aus Konrads Erinnerungen setzt sich nur langsam zusammen.

Bilder: www.smallworld-derfilm.at

 

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