Aus der Unterwelt in die neue, muslimische Heimat

GRAZ / DIAGONALE / PREISTRÄGER

14/06/21 Was geht in einem jungen Mann vor, der sein Heimatdorf irgendwo in den Bergen über Bozen verlässt, in der Stadt scheitert, zurückkehrt in die Heimat und just beim Islam Halt findet? Hochwald von Evi Romen sei ein „Anti-Heimatfilm“, befand die Jury – und zeichnete ihn bei der Diagonale als besten österreichischen Spielfilm aus.

„Der weite Kosmos einer engen Dorfgemeinschaft verschmilzt im Zusammenspiel mit großen Bildern, herausragendem Schauspiel und feiner Beobachtungsgabe zu einem vielschichtigen Gesellschaftsporträt“, heißt es in der Jury-Begründung, die das „sorgfältig komponierte Stück Antiheimatfilm“ außerdem auch mit dem Preis für das beste Kostümbild (Cinzia Cioffi) bedachte. Hochwald wurde beim Zurich Film Festival uraufgeführt und gewann dort das „Goldene Auge“.

Die beiden Großen Diagonale-Preise sind mit jeweils 19.000 Euro dotiert und damit die höchst dotierten österreichischen Filmpreise.

Der Große Diagonale-Preis Dokumentarfilm geht an Tizza Covis und Rainer Frimmels Aufzeichnungen aus der Unterwelt. Glücksspiel in Hinterzimmern, Bandenrivalität und Schlägereien, Polizreigewalt und der Ehrenkodex in einer Männerwelt: „Ein Film, der Leben erfahrbar macht, die so vielleicht gar nicht stattgefunden haben. Eine Zeitreise in eine Welt, die es angeblich nie gab. Leute, die erzählen, was sie vergessen haben, während die Hand im Aschenbecher den Rest ergänzt. Zuhören dürfen und Nähe spüren. Auf Wienerisch funktioniert Nostalgie ohne Romantik.“ So die Jury. Tizza Covi und Rainer Frimmel sind preisverwöhnt beim Festival des österreichischen Films. 2006 sind die für Babooska mit dem Doku-Hauptpreis heimgefahren, 2010 mit dem Spielfilm-Hauptpreis für La Pivellina. 2013 ging dieselbe Auszeichnung an sie für Der Glanz des Tages.

Filmemacher mit Salzburg-Bezug gingen diesmal leer aus. Ein Mitglied der Jury für Innovatives Kino war übrigens Séamus Kealy, der Direktor Salzburger Kunstverein. In dieser Sparte gewann The Golden Pixel Cooperative mit Half of the Sky. Di Jury verstand den Film „als Blueprint, als programmatischen Bauplan, als Manifest einer queerfeministischen Gruppe“, in dem die Mitglieder den „gemeinsamen Auftritt komplex und vielschichtig, prägnant und einleuchtend darlegen.“

Den Preis für den besten Kurzspielfilm des Festivals erhält Maximilian Conway für Liebe, Pflicht & Hoffnung. Als bester Nachwuchsfilm, vergeben von der Jugendjury des Landes Steiermark, wird EVA-MARIA von Lukas Ladner ausgezeichnet. Der Diagonale-Preis Kurzdokumentarfilm des KULTUM geht an Sophie Gmeiner für FRAUENFRAGMENTE: Gini und Resi.

Die Diagonale-Schauspielpreise für einen bemerkenswerten Auftritt in einem Wettbewerbsfilm der Diagonale’21 gehen an Hilde Dalik in SARGNAGEL sowie an Lukas Miko in Me, We. „Eine Glanzleistung, nein: gleich zwei in einem Film“, befand die Schauspieljury über Daliks Darstellung, die zudem zeige, „wie nuanciert Satire sein muss“. „Mit zurückgenommenem Spiel und profunder Charakterzeichnung“ verleiht Lukas Miko der Figur eines Asylheimleiters in Me, We wiederum „anrührende Menschlichkeit“. (Diagonale)

Bilder: Diagonale