Der Wunderklang des präzisen Rhythmus

TODESFALL / PETER SADLO

30/07/16 Die Hände auf dem Fell eines Schlaginstruments: Das empfinde er beinah als erotisches Erlebnis, sagte Peter Sadlo einmal in einem Interview. Anders als für viele seiner Kollegen, die eher auf dem Feld des „melodischen“ Schlagzeugs, also auf den Stabspielen punkten, war Peter Sadlos Domäne der Zauber aus Rhythmus und Klang auf den Fellinstrumenten.

Von Reinhard Kriechbaum

Peter Sadlo verstarb in der Nacht zum 29. Juli 2016 an den Folgen einer Operation. Er war erst 54 Jahre alt. Noch am 22. Juli hatte Sadlo einen Auftritt in Ingolstadt beim Open Air im Rahmen der Audi Sommerkonzerte. Der herausragende Schlagzeuger und Pädagoge unterrichtete seit 1990 an der Universität Mozarteum.

Sadlo wurde 1961 in Nürnberg geboren. Spätestens seit seinem 1. Preis beim renommierten „Internationalen Musikwettbewerb der ARD“ 1985 zählte er zu den Stars seiner Zunft. Erst zwanzig Jahre war er alt, als er Solopaukist bei den Münchner Philharmonikern wurde. Deren damaliger Leiter, Sergiu Celibidache, hat den jungen Musiker nachhaltig geprägt. 1997 verließ Sadlo das Orchester und widmete sich solistischen und kammermusikalischen Projekten - mit weltbekannten Partnern wie Martha Argerich oder Gidon Kremer. Da war er längst Professor für Schlagzeug am Mozarteum – als 28jährigen hatte man ihn hierher berufen. Eine Professur in München hatte er noch früher, schon 1983 angetreten. Seine Studierenden ließen in der Folge immer wieder mit Erfolgen aufhorchen. Schüler wie Simone Rubino oder Alexej Gerassimez sind heute selbst gefragte Solisten.

Wer Peter Sadlo und seine Schlagzeug-Zöglinge beispielsweise mit dem Varèse-Klassiker „Ionisation“ im ersten Konzert der Salzburg-Biennale 2013 gehört hat, der hat das Spezielle von Sadlos Musizieren im Ohr: „Mit gnadenloser Präzision, aber auch erstaunlich klangschöner Farbgebung“ hieß es damals in der DrehPunktKultur-Kritik. Über Sadlos Interpretation des Schlagzeug-Solowerks „Rebonds“ von Iannis Xenakis hieß es in der „Süddeutschen Zeitung“, Sadlo „behandelt das Stück, als hätte er hier Heimrecht.“

Überhaupt die zeitgenössische Musik: Um die allgemeine Akzeptanz des Schlagzeugs als Soloinstrument in den Konzertsälen zu fördern, regte er unermüdlich Komponisten wie Luciano Berio, Minas Borboudakis, Ferran Cruixent, Moritz Eggert, Harald Genzmer, Sofia Gubaidulina, Hans Werner Henze oder Bertold Hummel dazu an, neue Literatur dafür zu schaffen. Die kam dann in Konzertprojekten etwa mit Martha Argerich, Anna Gourari, Gabor Boldoczki, HK Gruber, Clemens Hagen, Gidon Kremer aufs Nachhaltigste zur Geltung.

Seit 2007 betreute Peter Sadlo als Nachfolger Gidon Kremers als Künstlerischer Leiter das kammermusikalisch hochkarätig besetzte Basler Festival „les muséiques“. Ebenfalls seit 2007 oblag ihm die künstlerische Beratung für die Internationale Musikbegegnungsstätte „Haus Marteau“ in Lichtenberg/Oberfranken mit ihren Meisterkursen.

Sein Credo, dass das saubere Erarbeiten von Schlagtechniken unerlässlich ist für einen sicheren Umgang mit Klängen, vertrat er nicht nur als Lehrer. Es beschäftigte ihn so stark, dass er eine akribische Dissertation zu diesem Thema verfasste (1997).

Bilder: Universität Mozarteum