Im Dauereinsatz für die – echte – Neue Musik

IM PORTRÄT / KLAUS AGER

15/06/15 Ein schönes zeitliches Zusammentreffen: Vor zwei Wochen feierte das oenm sein vierzigjähriges Bestehen. Heute Montag gibt es in der Universität Mozarteum eine Feier zur Emeritierung von dessen Begründer, dem Komponisten und Dirigenten Klaus Ager.

Von Reinhard Kriechbaum

Bei der oenm-Jubiläumsveranstaltung jüngst hat der Musikwissenschafter Jürg Stenzl als Laudator unter anderem darüber sinniert, warum Klaus Ager und oenm-Mitbegründer Ferenz Tornai das Ensemble damals wohl „Österreichisches“ und nicht „Salzburger“ Ensemble für Neue Musik genannt haben: „Weil sich 'Salzburg' und '(wirklich) neue Musik' (wo diese auch immer entstanden ist) zueinander wie Feuer und Wasser verhalten. Oder: Weil bereits 1975, allerdings unausgesprochen, die in der zwanzig Jahre danach erschienenen, 600seitigen Salzburger Musikgeschichte am Ende gedruckte Frage 'Salzburg – Stadt der Antimoderne?' eindeutig mit 'Ja' zu beantworten war.“

Dass diese pointierte Formulierung denn doch (leider nur ein klein wenig) übertrieben anmutet – dafür ist dem lebenslangen Einsatz von Leuten wie Klaus Ager zu danken. Als Begründer und langjähriger Leiter des oenm, als „Erfinder“ (und noch viel längerer Leiter) des Festivals „aspekte“ war Ager einer jener, die das Fähnlein der zeitgenössischen Musik hoch gehalten haben in einem Windstrom, der beständig und zeitweise recht kräftig in eine andere Richtung blies.

Klaus Ager emeritiert nun als Ordentlicher Universitätsprofessor für Musikanalytik. Er stand von 1995 bis 2000 der Salzburger Universität Mozarteum auch als Rektor vor. Am Mozarteum hat der gebürtige Salzburger (Jahrgang 1946), der sich von frühester Jugend an mit Komposition, Tonsatz, Violine- und Klavierspiel beschäftigte, auch seine Ausbildung erfahren. Nach der Matura studierte er zuerst an der Universität Mozarteum Komposition und Dirigieren bei Cesar Bresgen und Gerhard Wimberger sowie an der Universität Salzburg Musikwissenschaft bei Gerhard Croll. Anschließend folgten zwei Jahre Unterricht am Conservatoire National et Superieur in Paris bei Olivier Messiaen und Pierre Schaeffer sowie Kurse bei Karlheinz Stockhausen und Luciano Berio (Komposition, Elektroakustik, Computer-Musik). Als Komponist ist er in erster Linie durch Kammermusik, Orchesterwerke, elektronische und Computermusik hervorgetreten.

Aus dem Leben von Klaus Ager: 1970 und 1971 war er als Korrepetitor bei den Salzburger Festspielen tätig. Bei Radio France und dem ORF war er 1973/74 freier Mitarbeiter. Seit 1973 ist er Lehrender am Mozarteum, ab 1978 war er Leiter der Lehrkanzel für Musikanalytik. 1975 bis 1986 war Ager Leiter des oenm (Österreichisches Ensemble für Neue Musik). Auch mit dem von ihm 1994 gegründeten „ASPEKTE New Music Ensembles“ hat er bei einschlägigen Festivals auf der ganzen Welt konzertiert.1977 war Ager Gründer und erster künstlerischer Leiter des zeitgenössischen Festivals „Aspekte“, fast drei Jahrzehnte lang bis 2006.

Zu seinem Engagement für die Neue Musik vor Ort kam fast zwangsläufig auch internationales Engagement: 1981 wurde Ager Präsident der „Europäischen Konferenz der Veranstalter Neuer Musik“. Von 2004 bis 2014 war er Präsident des Österreichischen Komponistenbundes, 2006 bis 2014 Präsident des „European Composers Forum“. 2007 war er Mitbegründer der „European Composers and Songwriter Alliance" (ECSA).

Eine Rückschau auf Klaus Agers Wirken für die zeitgenössische Musik wäre unvollständig, würde man nicht die äußerst bescheidenen finanziellen Mittel erinnern, mit denen Ager und Konsorten in den siebziger und achtziger Jahren auskommen mussten. Erst mit der ära Mortier und deren „Zeitfluss“-Festival ist ja quasi ernsthaft Geld in diesen Bereich investiert worden. Vor einem Vierteljahrhundert wäre undenkbar gewsen, dass es einmal Festivals wie die „Biennale“ geben würde oder die Stiftung Mozarteum mit den „Dialogen“ auch in diese Richtung arbeiten würde. Damit ist die Aufführungsqualität zeitgenössischer Musik ebenso gestiegen wie auch die Zahl potentieller Zuhörer deutlich gestiegen ist. Man täte Klaus Ager bitter unrecht, wenn man allzu stark in den Aspekte-Erinnerungen wühlt: an vergleichsweise schlecht bezahlte Musiker-Häuflein, an die immer gleiche Handvoll von Besucherinnen und Besuchern ( vorwiegend im Künstlerhaus): Es war damals wirklich Pioniergeist vonnöten, gerade im stockkonservativen, „anti-modernen“ Salzburg. Einer jener, die sich nicht und nicht entmutigen ließen, war Klaus Ager, der sich obendrein nie selbst in den Vordergrund gedrängt hat.

www.klausager.at
Bild: Universität Mozarteum