Das Interesse und die Freude an der Sache

IM PORTRÄT / FRIEDL BAHNER

12/06/15 Die Mündung eines Blechblasinstruments ist heuer Motiv auf dem Plakat der Halleiner Festwochen. Es sind die letzten, für die Friedl Bahner verantwortlich zeichnet. Hm, irgendwie passen Bahner und lautstarkes Blech nicht zusammen. Ein Hartnäckiger ja, aber ein Leiser: So ist er, der in fast drei Jahrzehnten quasi zum Synonym für Kultur-Macherei in Hallein geworden ist.

Von Reinhard Kriechbaum

Das Hinausposaunen der eigenen Leistungen ist seine Sache so überhaupt nicht. En passant erwähnt er dann doch, dass es da ein Dankschreiben gibt von Gérard Mortier, gerichtet an ihn. Weil der damalige Festspielintendant natürlich sehr genau gewusst hat, wer in Hallein die Kultur beständig vor- und mitdenkt. Bahner erwähnt im DrehPunktKultur-Interview auf die Frage, was seine größten Erfolge waren, das Herbeiholen der Festspiele auf die Pernerinsel mit keinem Wort. Und doch war er maßgeblich, wenn vielleicht auch nur indirekt daran beteiligt, insofern als das von ihm gegründete „Kulturforum Hallein“ so etwas wie das inoffizielle Kulturamt der Stadt Hallein war, und er, Bahner, der inoffizielle Kulturstadtrat (jedenfalls hat das in der Ära von Bürgermeister Kurz von außen so ausgesehen).

Lokal- und Regionalpolitiker waren und sind immer gut beraten, auf Friedl Bahners Einschäzung der Lage zu hören. Als „ein Herantasten“ ans Publikum und an die Politiker beschreibt dieser unermüdliche Kulturarbeiter die vergangenen 27 Jahre. Immer sei er bemüht gewesen, Neugier zu wecken – und dass ihm das bei derzeit 15 bis 20.000 Besuchern seiner Veranstaltungen pro Jahr auch gelungen ist, das schreibt er wirklich ganz oben auf seine Erfolgsliste

1984 hat er die Oper „Der Kaiser von Atlantis“ aufführen lassen und war damit ganz vorne dran bei der Renaissance des in der Nazi-Zeit umgekommenen Komponisten Viktor Ullmann. Und Mitterers „Die Kinder des Teufels“ wurden auf sein Betreiben hin in Hallein erstaufgeführt.

„Das Interesse und die Freude an der Sache“, das stecke für ihn als Motiv dahinter, verrät Friedl Bahner. Beides scheint in hohem Maß ansteckend zu sein. Ist ihm eigentlich etwas nicht gelungen? „Doch, doch“, sagt er in der ihm eigenen Bescheidenheit. In 27 Jahren für das Kulturforum keinen eigenen Veranstaltungssaal, kein eigenes Haus bekommen zu haben, immer noch quasi ein Nomadendasein zu führen – das steht auf der Minus-Seite seiner Bilanz. Der Ziegelstadel hätte ihn schon gereizt. Es sei am mangelnden Interesse der Politiker und an den finanziellen Möglichkeiten gescheitert, „in dieser Reihenfolge“, betont er.

1941 ist Bahner in Bad Gastein zur Welt gekommen, beruflich über Wien nach Hallein gekommen. Das hatte nichts mit Kultur zu tun, er war Westösterreich-Verkaufsleiter einer Firma, die landwirtschaftliche Geräte vertrieb, Melkanlagen und dergleichen. 30 Jahre war das sein Brotberuf. Ein ärztlicher Kunstfehler Ende der siebziger Jahre führte zu einer schweren Gehbehinderung und letztlich zur frühen Pensionierung. Aber da war Bahner schon in Sachen Kultur engagiert. Mit der engen Liaison zwischen seinem Kulturforum und den Tourismusverband hat er vor fast drei Jahrzehnten etwas vorgezeigt, das man ihm heute in Saalfelden und Bad Gastein nachmacht, und das dort ebenso gut funktioniert: Kultur, Tourismus, kommunales Selbstverständnis – das sind Parameter, die Friedl Bahner schon ganz früh als fruchtbar ineinandergreifend erkannt hat.

Mit dem Internationalen Ö3-Folk-Festival 1989 hat es begonnen, einige Jahre gab es das Folk Festival Hallein, bald die Stadtfestwoche(n) bzw. Halleiner Festwochen. Und natürlich immer ein umfangreiches Basis-Ganzjahresprogramm. Er sei „Initiator einer permanenten Diskussion über die Notwendigkeit kulturpolitischen Engagements“, hieß es 1998, als Friedl Bahner mit dem Landpreis für Kulturarbeit ausgezeichnet wurde. Besonderes Augenmerk gebühre dem Kulturforum (das er 1985 gründete) im allgemeinen und Friedrich Bahner im speziellen „für die Kraft, in der derzeit äußerst schwierigen kommunalpolitischen Situation Halleins nicht die Flinte ins Korn zu werfen, sondern unbeirrt alle Möglichkeiten auszuschöpfen, die bisherige Arbeit nicht nur fortzusetzen, sondern weiter auszubauen.“

Anders gesagt: Was in Linz im Großen gelungen ist – aus der Stadt der Stahlkocher eine Stadt mit Kultur-Nimbus zu machen, hat Bahner in Hallein quasi im Kleinen unternommen. Warum hört er jetzt, nach so erfolgreichen 27 Jahren, mit Ende 2015 komplett auf? Er sage nicht „Habt's mich gern“, betont er, der Rückzug erfolge nicht auf Kalkül oder Frust, sondern weil er „zu müde“ sei. Er, der zeitlose, im langen persönlichen Kontakt auch irgendwie alterslos wirkende Kulturmacher hat mit seinen demnächst 74 Jahren wohl auch gesundheitlich nicht mehr die nötige Spannkraft. Womit wird er sich in Zukunft so vermeintlich jung halten? Er lacht. Familiäre, persönliche Interessen möchte er jetzt vermehrt pflegen. Vielleicht werde man ihn noch bei Kulturveranstaltungen im Publikum sehen, sagt er.

Das Kulturforum wird es wohl weiter geben, als Verein. Aber es wird ohne Friedl Bahner nicht mehr so sein wie früher. Es rumort derzeit einiges in Hallein, die Leute von der „Schmiede“ sind innovativ, und unter dem Namen „Sudhaus“ hat sich ein Verein gebildet, ein Zusammenschluss vieler Halleiner Kulturschaffender. Das sei „eine sehr gute Sache“, sagt Friedl Bahner. Aber er merkt dazu schon auch an, dass das Vorwärtsbringen eigenen Kulturschaffens und das Veranstalten in seinen Augen „zwei verschiedene Paar Schuhe“ seien. Da ist also manches offen, nicht zuletzt die Zukunft der Halleiner Festwochen. Und schließlich ist das Kulturforum Hallein ja derzeit nach wie vor der größte Kulturveranstalter außerhalb der Landeshauptstadt. Dank sei Friedl Bahner.

Heute Freitag (12.6.) beginnen die 30. Halleiner Festwochen - www.forum-hallein.at
Bilder: Friedl Bahner, privat (1); Kulturforum Hallein (1)
Zur Vorschau aufs die ersten Tage der Halleiner Festwochen
Es lebe das Dazwischen!
Zum DrehPunktKultur-Porträt zu Friedl Bahners 70. Geburtstag im Jahr 2001
„Motor und Drehscheibe der Kultur in Hallein!“