Mundl, Bockerer – und Gott der Herr

TODESFALL / KARL MERKATZ

04/12/22 Auf ihn traf tatsächlich die Bezeichnung „Volksschauspieler“ zu. Und zwar nicht nur, weil Karl Merkatz eben als Mundl Sackbauer in den den 1970er Jahren einen Typ Wiener verkörperte, der den Klischees so verdächtig nahe kam, dass viele diesen Charakter taxfrei für bare Münze nahmen.

Von Reinhard Kriechbaum

Es war wohl das schönste Zeichen für Karl Merkatz' herausragende Schauspielkunst, dass er selbst trotz solch prägender Klischee-Rollen sich nicht hat festnageln lassen. Man konnte dem krakeelenden Mundl aus der TV-Serie – ein echter Straßenfeger damals – bis vor wenigen Jahren auch in seiner Salzburger Heimat noch oft begegnen, auch nachdem er 2009 der Bühne Adieu gesagt hatte. Karl Merkatz war als Lesender viel gefragt, und da hat man einen feinsinnigen Menschen mit sanfter Stimme und ausgeprägtem literarischem Bewusstsein gehört und liebgewonnen.

Für den Schreiber dieser Zeilen die Favorit-Rolle des „alten“ Merkatz war jene, für die er 2013 den Österreichischen Filmpreis erhalten hat: In Anfang 80 spielte er einen alten Mann, der in Liebe, nein, nicht zu einem jungen Flittchen, sondern einer krebskranken Gleichaltrigen (Christine Ostermayer) entbrennt – eine Liebe, für die die Umwelt wenig bis gar kein Verständnis zeigt. Das war ein rührend leiser Liebesfilm, der so ganz ohne Klischees ein selbstverantwortetes Altern in Würde spiegelte. Das entsprach vielleicht genau dem Zugang, den Karl Merkatz in den vergangenen zwei Jahrzehnten zu seinem eigenen Beruf suchte. Das schloss deftig komödiantische Rollen nicht aus, etwa in Zapping-Alien@Mozart-Balls von Vitus Zeplichal, wo Merkatz an der Seite der Creme de la creme der österreichischen Schauspielkunst einen visionär schrulligen Erfinder mit Hang zum Extraterrestrischen mimte.

Karl Merkatz, 1930 als Sohn eines Werkzeugmachers und einer Weberin in Wiener Neustadt geboren, absolvierte zunächst eine Tischlerlehre. Später nahm er in Salzburg, Wien und Zürich Schauspielunterricht und bestand am Mozarteum 1955 seine Abschlussprüfung mit Auszeichnung. Seine ersten Bühnenengagements hatte Merkatz in Heilbronn und am Salzburger Landestheater. Es folgten Theaterengagements unter anderem in Nürnberg, Köln, Hamburg (am Deutschen Schauspielhaus und am Thalia Theater), München, Klagenfurt und Wien (Theater in der Josefstadt, Burgtheater, Theater an der Wien). Er spielte mehr als 150 Bühnenrollen.

Dazu kamen rund 250 Film- und Fernsehrollen. Neben dem Mundl in der TV-Serie Ein echter Wiener geht nicht unter war Der Bockerer eine seiner Paraderollen. Für den ersten der Bockerer-Filme (Regie Franz Antel) erhielt Merkatz den Preis als bester Schauspieler bei den Filmfestspielen Moskau sowie das Filmband in Gold. Die Rolle des Bockerer hat Merkatz übrigens auch in der Ära Hochstraate auf der Bühne des Salzburger Landestheaters gegeben.

Karl Merkatz bei den Salzburger Festspielen: Er debütierte 1968 in Hofmannsthals Der Schwierige. Unter anderem spielte er in einer Flimm-Inszenierung an der Seite von Otto Schenk in Nestroys Mädl aus der Vorstadt und 2005 unter Martin Kušej in Grillparzers König Ottokars Glück und Ende. In den Jahren 2005 und 2006 wurde aus Mundl und Bockerer sogar Gott der Herr – in Christian Stückls Jedermann-Inszenierung. Sein diabolischer Gegenspieler war damals Tobias Moretti.

Heute Sonntag (4.12.) ist Karl Merkatz daheim in in Irrsdorf bei Straßwalchen gestorben, kurz nach seinem 92. Geburtstag.

Bilder: Wikimedia/Manfred Werner-Tsu (1); Monika Saulich_NGF (1); ORF (1); epo-film (1)