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Gefährtin und Kollegin

TODESFALL / ALICE HARNONCOURT

21/07/22 „Ich war schon an der Wiener Akademie und ich war schon jahrelang dort, ich hab sehr früh angefangen in einer Nachwuchsklasse.“ Nach dem Krieg war sie noch in Salzburg am Mozarteum, ging dann zurück nach Wien und wurde „selbstverständlich“ an der Akademie aufgenommen. „Ich war schon längst angekommen in Wien und er ist frisch aus Graz gekommen.“

Von Heidemarie Klabacher

Er – Nikolaus Harnoncourt. Sie – damals noch Alice Hoffelner. „Er hat immer erzählt, dass er mich gleich beim ersten Besuch in der Akademie vor der Türe getroffen hat. Lachend. Und, dass ich ihm sofort aufgefallen wäre. Ich finde das eine sehr schöne Geschichte und ich will sie auch glauben.“

Er, Nikolaus Harnoncourt, ist am 5. März 2016 verstorben. Sie, Alice Harnoncourt, ist ihm gestern 20. Juli 2022 im Alter von 91 Jahren gefolgt. Eine singuläre künstlerische und private, eine lebenslange gemeinsame Musik-Geschichte.

Alice Harnoncourt wurde am 26. September 1930 in Wien geboren. 1949 gründeten Nikolaus und Alice Harnoncourt zusammen mit Eduard Melkus und Alfred Altenburger das Wiener Gamben-Quartett und 1953 – das war auch das Jahr ihrer Eheschließung – den Concentus Musicus Wien.

„In großer Trauer, Dankbarkeit und Bewunderung müssen wir bekanntgeben, dass unsere Alice Harnoncourt heute 20. Juli 2022 in den frühen Morgenstunden im Kreise ihrer Familie friedlich von uns gegangen ist.“ Das gab der Concentus Musicus bekannt: „Ihr einzigartiges Geigenspiel, ihr unermüdlicher Einsatz für die Musik und ihr großes Verständnis für uns Musikerinnen und Musiker werden wir in liebevoller Erinnerung bewahren.“

Sie war Trägerin des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um das Land Wien und des Großen Goldenen Ehrenzeichens des Landes Steiermark und mit Nikolaus Harnoncourt und dem Concentus Musicus Mit-Preisträgerin zahlreicher Auszeichnungen wie des Echo Klassik. Im Residenz Verlag sind 2017, 2018 und 2020 ihre Bücher Wir sind eine Entdeckergemeinschaft, Meine Familie und Über Musik herausgekommen. Das Ehepaar bekam zwischen 1954 und 1961 vier Kinder, die Sängerin Elisabeth von Magnus, den Regisseur Philipp, den bereits 1990 verstorbenen Schauspieler Eberhard und den Mediziner Franz Harnoncourt.

Monika Mertel schreibt in der 1999 erschienenen Biographie Vom Denken des Herzens. Alice und Nikolaus Harnoncourt: „Für Alice Harnonourt war es eine menschliche Leitung besonderen Grades, ihrer doppelten Funktion als Prinzipalin des Ensembles und als Partnerin ihres Mannes gerecht zu werden; ihm genügend Verständnis entgegenzubringen, dabei aber die Solidarität mit den Kollegen zu wahren. Die Kollegen im Concentus Musicus haben sie für diese Haltung geliebt und verehrt.“ Alice Harnoncourt war bis 1981 Konzertmeisterin des Concentus und spielte danach bis zum letzten von Nikolaus Harnoncourt dirigierten Konzert am ersten Geigenpult.

„Sie war die eigentliche, von beiden Parteien respektierte Autorität“, heißt es weiter bei Monika Mertel, „und vielleicht ist manch außergewöhnliches Ergebnis allein deshalb zustande gekommen, weil die Mannschaft ihr zuliebe noch einen letzten Versuch mit dem unmöglichen Stück, mit der widerspenstigen Passage unternommen hat.“

Das Eingans-Zitat ist ein Hör-Fundstück aus dem ORF Podcast "Harnoncourts Klang-Reden" mit Alice Harnoncourt, der zwischen 7. Februar und 11. April rund um den Todestag des Dirigenten gesendet wurde – der Podcast ist online unter radiothek.orf.at – der dpk-Bericht nachzulesen unter Knödel mit Hals
Bild: Concentus Musicus

 

 

 

 

 

 

 

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