Andocken an der Jugendarbeit

IM PORTRÄT / ANDREA FOURNIER

11/05/22 Salzburger Domkapellmeister – das ist ein Langzeitjob. Seit 1989, also 33 Jahre lang, ist János Czifra im Amt. Seine Nachfolgerin wird mit 1. September Andrea Fournier, eine sowohl als Kirchenmusikerin wie als Leiterin der Singschul’ an der Oper Graz profilierte Musikerin.

Von Reinhard Kriechbaum

Die 48jährige vielseitige Musikerin setzte sich unter 26 Bewerberinnen und Bewerbern aus mehr als zehn Ländern durch. „Die Kompetenz in der musikalischen Kinder- und Jugendarbeit war für uns ein wichtiger Punkt, da wir diesen Bereich auch hier in Salzburg sehr fördern“, sagt Domkustos Johann Reißmeier. Genau das ist auch eine Domäne der designierten Salzburger Domkapellmeisterin. „Die hoch entwickelte Kinder- und Jugendchorarbeit von Gerrit Stadlbauer am Dom hat mich bewogen, mich um die Stelle zu bewerben“, sagt sie im DrehPunktKultur-Gespräch. Da will sie andocken – und das wird wohl auch nötig sein, denn ein Ensemble wie der Domchor altert logischerweise mit seinem Leiter. Wird sie also im Herbst einen voll funktionsfähigen Chor übernehmen können? „Das weiß ich ehrlich gesagt nicht – es ist ja immer das große Geheimnis, wenn jemand geht. Aber das stresst mich nicht.“ Jedenfalls baut Andrea Fournier auch auf die Ressourcen aus der Jugendkantorei.

Wir haben beim Auswahlverfahren sehr darauf geachtet, dass auch der Domchor und das Orchester der Dommusik eingebunden sind. Dort ist Andrea Fournier ebenfalls gut angekommen und sofort akzeptiert worden“, betont Prälat Reißmeier. Werden auch unter der Leitung von Andrea Fournier die Orchestermessen, speziell jene aus dem klassischen Kanon, den Schwerpunkt bilden? „Ganz so wird es nicht bleiben“, sagt Andrea Fournier. „Man darf ja nicht vergessen, dass es auch andere Möglichkeiten der Messgestaltung gibt“. Die „Weiterentwicklung“ der Dommusik sei ein Kriterium beim Auswahlverfahren gewesen.

Seit 24 Jahren ist die 1974 im Allgäu geborene Andrea Fournier für die Kirchenmusik in der Grazer Stadtpfarrkirche verantwortlich. Da sitzt sie nicht nur als Organistin an der Rieger-Orgel, einem der größten Instrumente in der Steiermark. Mit dem Chor der Stadtpfarrkirche, dem Forum Vokal Sakral hat sie seit 1998 so gut wie alle wesentlichen Werke der Oratorienliteratur aufgeführt. Groß dimensioniert ist die Jugendarbeit dort: „Achtzig Kinder und Jugendliche singen in den Gruppen Stadtpfarrküken, Kinderchor und Jugendchor. Sie gestalten Gottesdienste musikalisch und sind auch bei Konzerten und eigenen Musicalaufführungen zu hören.“ Für ihre Chorarbeit wurde ihr 2019 der Erwin-Ortner-Preis verliehen. Heuer würdigte sie das Land Steiermark für ihr Engagement im Kinder- und Jugendchorwesen mit dem „Nikolaus-Harnoncourt-Stipendium für musikalische Bildung junger Menschen“.

Andrea Fournier hat zuerst in Rottenburg/Neckar und dann in Graz Kirchenmusik (Chorleitung), Instrumentalpädagogik (Orgel) und Schulmusik studiert. Seit 2010 leitet sie die Singschul' an der Grazer Oper. Wenn sie im Herbst nach Salzburg übersiedelt sein wird, ist erst mal Pendeln angesagt, denn en Jahr läuft noch ihr Vertrag an der Oper. „Das wird sich an einem Tag gut ausgehen“, ist sie zuversichtlich. Ihr Mann Martin Fournier ist als Tenor ebenfalls an der Grazer Oper engagiert.

Übrigens kann Andrea Fournier auch innerfamiliär auf musikpädagogische Erfolge verweisen: Sophie, die älteste ihrer drei Töchter, studiert in Leipzig und hat schon manche Wettbewerbserfolge als Pianistin und Organistin errungen.

Bild: Erzdiözese Salzburg / Werner Kmetitsch
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