Gandhi sprach mit seiner Stimme

TODESFALL / PETER MATIĆ

21/06/19 Im Burgtheater, wo er seit 1994, also ein Vierteljahrhundert lang zum Ensemble gehörte, hat er 85 Rollen verkörpert. Vor allem aber ist Kammerrschauspieler Peter Matić, der am Donnerstag (20.6.) überraschend verstorben ist, auch als Radiostimme bekannt geworden.

Von Reinhard Kriechbaum

Peter Matić wurde 1937 in Wien geboren. Nach seiner Schauspielausbildung war er von 1960 bis 1968 am Theater an der Josefstadt engagiert. Es folgten Engagements in Basel und an den Münchner Kammerspielen, bis er ans Berliner Schillertheater wechselte, wo er 22 Jahre lang tätig war. 1993 spielte er erstmalig am Burgtheater in der österreichischen Erstaufführung des Stücks Kroatischer Faust in der Regie von Hans Hollmann. Er spielte unter Regisseuren wie Giorgio Strehler, Adolf Dresen, George Tabori, Achim Benning, Thomas Langhoff, Andrea Breth, Barbara Frey und Leander Haußmann. Bis zuletzt war er als Amtsgerichtsrat in Glaube Liebe Hoffnung von Ödön von Horváth und als Rabbi in Hiob von Joseph Roth zu sehen. Als Wirt in Liebesgeschichten und Heiratssachen von Johann Nestroy wollte sich der 82jährige am kommenden Dienstag vom Burgtheater verabschieden.

Bei den Salzburger Festspielen hat Peter Matić erstmals 1970 in Hamlet gespielt (Regisseur und Hauptdarsteller war damals Oskar Werner). Von 1973 bis 1982 war er der Dünne Vetter im Jedermann. In Leonce und Lena war er 1975 der Zeremonienmeister. In der Staatsopern-Produktion von Strauss' Ariadne auf Naxos war er auch mehrere Festspielsommer lang in zwei verschiedenen Inszenierungen als Haushofmeister zu sehen, zuletzt 2012. Zuletzt war Peter Matić 2014 bei den Salzburger Festspielen u.a. als greiser Kaiser Franz Joseph in der Bühnenadaption von Karl Kraus Mammutwerk Die letzten Tage der Menschheit zu erleben.

Auch an der Volksoper Wien übernahm er öfters Sprechrollen und bei den Sommerfestspielen Reichenau war Peter Matić regelmäßig zu sehen.

Seit den 1960er Jahren stand er für Film und Fernsehen vor der Kamera, darüber hinaus wurde er mit seiner langjährigen Tätigkeit als Synchronsprecher als die deutsche Synchronstimme von Ben Kingsley bekannt (auch im Film Gandhi). Peter Matić war auch viel beschäftigter Hörspiel- und Hörbuch-Interpret, hervorzuheben ist seine Aufnahme von Auf der Suche nach der verlorenen Zeit, das 2010 als „Hörbuch des Jahres“ und 2011 mit dem Preis der deutschen Schallplattenkritik ausgezeichnet wurde.

Peter Matić sagte einmal: „Nicht die Kunst ist dazu da, die Welt zu verändern, sondern die Menschen und die Menschlichkeit.“ Zur Bibel hatte er ein literarisches und ideologisches Naheverhältnis: Über Jahre las Peter Matić für die Ö1-Religionssendung Erfüllte Zeit am Sonntagmorgen die Tageslesungen.

2001 erhielt Peter Matić den Albin-Skoda-Ring, 2005 den ORF Hörspielpreis in der Kategorie „Schauspieler des Jahres“. 2006 wurde er zum Kammerschauspieler ernannt.

Bild: Burgtheater