Der Weltblick fasst die Absurdität

IM PORTRÄT / MARIA GEORG HOFMANN

29/03/18 Ein leiser, aber in seinen künstlerischen Zielen stets beharrlicher Mensch ist kürzlich in Salzburg 85 Jahre alt geworden: Maria Georg Hofmann, Musikerin und Schriftsteller, wobei seit vielen Jahren die schriftstellerische Tätigkeit überwiegt.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber die Konzerte der von Maria G. Hofmann 1976 gegründeten und über Jahrzehnte geleiteten Paul Hofhaymer Gesellschaft behaupten immer noch einen festen Platz in Salzburgs Konzertleben. Die Kombination Alter Musik – und zwar ganz alter! – mit Zeitgenössischem hat ab 1981 niemand so konsequent und zielstrebig vorangetrieben wie Hofmann: Weit über fünfzig Uraufführungen hat es in der Reihe „Alte und Neue Musik“ gegeben.

„Der Ausbruch des 2. Weltkrieges im September 1939 war zugleich mein erster Schultag“ schreibt Maria Georg Hofmann, geboren 1933 in Györ, in einer autobiographischen Notiz. „Der Krieg war und ist mein Lehrmeister. Quasi als Ausgleich zu den Kriegsereignissen war meine Schule exzellent, der jüdische Kinderarzt, bis er nicht von den Nazischergen umgebracht wurde, mein hellhöriger Schutzengel, der Musikunterricht bereits in der Kindheit sehr gut; die Benediktinerpatres als Vermittler der Mythologie und großer klassischer Dichtung – gleich verwendbar, die Kriegsereignisse zu entschlüsseln – von besonderer Qualität. Durch Homer wurde einem der Gedanke nahegebracht, dass das Leben mit dem Krieg gleichzusetzen ist.“

Drei „Unrechtsstaaten“ hat Maria Georg Hofmann bis zur Flucht nach Österreich erlebt: Ungarn unter Horthy, das deutsch besetzte Ungarn unter Szálasi, dann Ungarn in der Stalin-Diktatur. Das habe „den Blick auf die Gesellschaft geschärft“ und „erlaubt mir keinen anderen Weltblick als den satirischen über die Absurdität des Lebens der Einzelnen im Chaos der leicht verführbaren Massen“.

Der Hang zum Skurrilen, das satirische Gewand zeichnet das literarische Werk aus. „In der ganz frühen Kindheit bin ich im Kino meinem großen Idol auf dem Gebiet der Dramatik begegnet, Charlie Chaplin. Der Film konnte in Györ genauso Weltklasse sein, als säße man in New York im Kino.“

1956 kam Maria Georg Hofmann illegal über die Grenze. „Nach meiner Flucht bekam ich durch Bernhard Paumgartner ein Rockefeller Stipendium für seine Opernregieklasse zur Ermöglichung eines post.-grad. Studiums.“ Es folgte Arbeit für deutsche Rundfunkanstalten. Über viele Jahre leitete Hofmann Pschodrama-Kurse an der Salzburger Nervenklinik.

Und immer: Schreiben! „Mein erstes Hörspiel kam 1961 beim ORF-Graz heraus, mit dem bezeichnenden Titel 'Ein Missverständnis'.“ Für die erste Bühnenaufführung fand Hofmann sich im Rahmen eines Surrealisten-Projekts im Schauspielhaus Frankfurt am Main neben Autoren wie: Artaud, Beckett, Benn und Fo. Das war 1979, „Ghiccho und seine Kinder“, ein modernes Märchen gegen die bedrohlich wachsende Bevölkerungszahl der Erde. Leider vergriffen ist der im Otto Müller Verlag erschienene Roman „Der Auftritt des linkshändigen Dichters Alexander Galajda“ (1995). Er stand eine Zeit lang auf der Bestenliste des Südwestfunks Baden-Baden. Die Theaterstücke „Dolores, ein Heldenleben oder Jedem sein’ Krieg!“ wurde, mit Musik von Dieter Kaufmann, 1996 im Stadttheater Klagenfurt aus der Taufe gehoben, „Bulgakow oder Der Dichter und sein Diktator“ wurde 2003 im Salzburger Landestheater uraufgeführt. Seit 1997 führt Hofmann den Berufstitel Professor.

„Mein harmlos scheinendes Zwei-Personen-Stück 'Blasius', komische Tragödie für Mutter und Sohn, uraufgeführt beim Steirischen Herbst 1984, wurde von der Studio-Bühne Villach übernommen und von dort aus in acht Städte der damaligen DDR eingeladen und dann mit dem Hinweis ausgeladen, dass das eine versteckte Satire auf den Staat und seine Untertanen sei: Mama als Staat dreht den Sohn, das Volk, durch den Fleischwolf.“ Maria Georg Hofmann mit der ihr eigenen Ironie: „Das war bisher das schönste Kompliment, das ich auf eines meiner Stücke bekommen konnte.“

www.m-g-hofmann.at
Bild: Stadtarchiv Salzburg/Silvia Panzl-Schmoller