Freudiger Zwerg auf den Schultern des Riesen

IM PORTRÄT / OSWALD EGGER

26/09/17 Bereits seit 1952 wird der Georg-Trakl-Preis anlässlich runder und halbrunder Geburts- oder Todestage des Dichters Georg Trakl vergeben. Im Jahr des 130. Geburtstages von Georg Trakl geht der mit 8.000 Euro dotierte Preis an den 54-jährigen Schriftsteller Oswald Egger. Dieser dichtet nicht am Rande des Vulkans oder in den Traumlandschaften des Etschtals, sondern inmitten in einer Raketenstation.

Von Heidemarie Klabacher

Ich schlafe
in Minze
und träume
Korallen…

heißt es auf Seite elf in Oswald Eggers jüngstem Buch „Val di Non“. Auf traumverlorenen Wanderungen das Nonstal begegnet man „mit Mengkorn bollernde(n) Knucke-Bolzen“ und anderen Wesen zwischen Pflanze, Tier oder Mensch. „Diese hier zweimal mit und einmal gegen die Sonne gesegnete Umgebung“ erschließt Egger zeichnerisch mit dem Stift eines Alexander von Humboldt oder eines Adalbert Stifter – und sprachlich mit Souveränität des Virtuosen.

Das sah die Jury zum Georg-Trakl-Preis 2017 ähnlich: „Seine umfangreichen, kunstvoll komponierten Gedichtbücher beeindrucken, durch die außerordentliche evokative Kraft, Kühnheit, Originalität und Musikalität der Sprache“, heißt es in der Jurybegründung. Die Juroren waren Eleonore de Felip vom Forschungsinstitut Brenner-Archiv der Universität Innsbruck, Holger Pils vom Lyrik Kabinett München und Norbert Christian Wolf vom Fachbereich Germanistik der Universität Salzburg.

„Ich freue mich ausgesprochen, den Georg Trakl-Lyrikpreis zu bekommen, in einer bemerkenswerten Reihe von großartigen Lyrikerinnen und Lyrikern, die mir sehr vertraut sind und zuallererst natürlich der Namenspatron, mit seinem von sporadischen Zeitgeistverstrickungen unbeirrten poetischen Tun, welches mich seit meiner Jugend begleitet, irgendwie sogar unentwegt. Ich, ein freudiger Zwerg auf den Schultern des Riesen, bedanke mich namentlich bei der Jury sehr herzlich für die Ehre und den Ansporn“, dichtet in Prosa der Preisträger.

„Der Georg-Trakl-Preis ist eine der bedeutendsten Auszeichnungen für Lyrik im deutschsprachigen Raum. Es freut mich, diesen Preis heuer an den namhaften Lyriker Oswald Egger für sein bisheriges Gesamtwerk überreichen zu können. Mit Oswald Egger wird nicht nur das hohe Niveau des Georg Trakl Preises für Lyrik aufgezeigt, sondern auch das Niveau der kulturellen Preislandschaft in Salzburg“, lobt (sich) Kulturlandesrat Schellhorn.

Oswald Egger wurde 1963 in Lana in Südtirol geboren. Seine Prosa und Gedichte sind in mehrere Sprachen übersetzt und vielfach ausgezeichnet worden. 1992 schloss Oswald Egger sein Studium der Literatur und Philosophie in Wien ab. Seit 2011 ist er Professor für Sprache und Gestalt an der Muthesius Kunsthochschule in Kiel. 2014 erhielt er das Villa-Massimo-Stipendium. Oswald Egger lebt in Wien und am Museumsgelände der ehemaligen Raketenstation Hombroich bei Neuss.

Dazu sei ergänzt: „Die Raketenstation Hombroich wurde zu Zeiten des Kalten Krieges als Teil des Nato-Luftverteidigungsgürtels durch ein belgisches Raketengeschwader betrieben“, heißt es auf der website. „1994 kaufte Karl-Heinrich Müller, Kunstsammler, Mäzen und Gründer von Museum Insel Hombroich die Raketenstation. Er legte den Grundstein für die kulturelle Entwicklung des ehemaligen Nato-Geländes zu einem Ort der Kunst Wissenschaft und Natur. Die Kultur in NRW erhielt hier ein interdisziplinäres Experimentierfeld. Die Hallen, Hangars, Erdwälle und der Beobachtungsturm auf der rund elf Hektar großen Fläche der Raketenstation Hombroich wurden renoviert und umgestaltet. Für die Bebauung des Geländes konnte Karl-Heinrich Müller neben dem Bildhauer Erwin Heerich weitere international renommierte Künstler und Architekten gewinnen, die sich mit ihren Bauten in einem Grenzbereich von Architektur und Skulptur bewegen: Erwin Heerich, Raimund Abraham, Tadao Ando, Oliver Kruse, Katsuhito Nishikawa und Alvaro Siza. 1997 brachte Karl-Heinrich Müller das Museum Insel Hombroich, das Kirkeby-Feld und die Raketenstation in die Stiftung Insel Hombroich ein. Auf der Raketenstation leben und arbeiten heute bildende Künstler, Literaten, Komponisten und Wissenschaftler aus verschiedenen Nationen und Kulturkreisen.“

Bild: www.suhrkamp.de /Susanne Schleyer