Erinnerungen an eine alternative Zukunft

AUSSTELLUNG / SCHILLERNDES LEBEN

17/06/16 Vielleicht ist „schillerndes Leben“ nicht gerade das, was einem zu Salzburg und Salzburgern einfällt. Ist es eine Stadt voller bunter Vögel? Hat der Ort ein Klima, wo sich solche Exemplare wohlfühlen? Sind nicht gerade die bunten Vögel jene, die gerade hier wegfliegen?

Von Reinhard Kriechbaum

Stimmt. Und stimmt doch auch nicht, wie das Open-Air-Ausstellungsprojekt zeigt, das der langjährige „Szene“-Leiter Michael Stolhofer erdacht und realisiert hat. „Was für ein schillerndes Leben konnte, kann und wird man in Salzburg führen!“, schwärmt Stolhofer. Das Erinnerungsprojekt zeigt, auf elf Plätzen im Stadtraum verteilt, Beispiele ungewöhnlicher Lebensläufe, die im Widerspruch zum konservativen Salzburgbild ermutigende Spuren hinterlassen haben.

Alphabetisch steht Johann Barth (1931-2009) auf der Liste obenauf – er war zu keiner Zeit ein „Prominenter“, aber viele Leute haben ihn gekannt. Ihnen ist der liebenswürdige, unaufdringliche Lebenskünstler mit literarischen Ambitionen durchaus nachhaltig im Gedächtnis geblieben. Als Fotograf hat der in Siebenbürgen Geborene, den es wie manch andere als Migranten hierher verschlagen hat, über Jahrzehnte den Alltag in der Stadt dokumentiert. Kein Zufall, dass das Stadtarchiv sein bildjournalistisches Schaffen vor einigen Jahrten mit einem Fotoband gewürdigt hat.

Christian Wallner ist der Letzte in der alphabetischen Reihe der mehrheitlich Un-Prominenten. Sie alle aber waren nicht wegzudenken aus der Stadt. Am Beispiel Wallners: Das von ihm begründete MotzArt-Festival täte wirklich fehlen.

Denkwürdige Personen also im Kontext ihrer Salzburger Existenz werden durch Erinnerungen und Beurteilungen heutiger Salzburger beschrieben. Autorinnen und Autoren der ausführlichen biographischen Beiträge sind Max Bläulich, Karl-Markus Gauß, Tanja Hölzl, Hannes Krawagna, Wolfgang Radlegger, Klemens Renoldner, Gudrun Seidenauer, Michael Stolhofer, Martin Stricker, Siegbert Stronegger, Werner Thuswaldner und Johannes Voggenhuber.

Initiator Michael Stolhofer sieht in den elf Ausstellungsstationen – jeweils pyramidenartigen Gebilden mit Fotos – ein „Erinnerungsprojekt für eine alternative Zukunft“. Jedem von uns fallen weitere starke Charaktere ein. Der Ausstellungsmacher Michael Stolhofer wäre durchaus selbst infrage gekommen für eine solche Bild-Pyramide.

Vierzehntägige Führungen lassen elf ungewöhnliche Leben lebendig werden und im Verlag "Tartin Editionen" erscheint dazu ein Buch. Dessen Inhalte – durchwegs anregende Essays – kann man auch online abrufen.

Schillerndes Leben in Salzburg – bis 30. September – schillerndesleben.net
Bilder: schillerndesleben.net (1); dpk-klaba
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