Wasser auf die Räder der Mühlenschützer

HINTERGRUND / RAUCHMÜHLE

23/09/15 „Ungewöhnlich lange“ hätten sich Mitglieder des Gestaltungsbeirates gestern Dienstag (22.9.) für den Programmpunkt Rauchmühle Zeit genommen. „Ihre Haltung lässt einen Paradigmenwechsel im Umgang mit Bestandsbauten erwarten“, heißt es in einer Aussendung der Initiative „Um+Bau+Kultur Salzburg“.

Von Reinhard Kriechbaum

Es geht um die ehemalige Rauchmühle und da vor allem um das Silogebäude. Silo mitsamt Mühlengebäude und der Villa seien „ein einzigartiges und seltenes Salzburger Industrieensemble sowie ein Dokument der technikgeschichtlich abgeschlossenen Epoche vom Wasserrad zur Turbine und vom Schüttkasten zum Silo.“ Zudem sei das Silogebäude „für Lehen identitätsstiftend und eine Landmark für den Süden des Stadtteils“.

Dafür also macht sich seit gut einem halben Jahr die Initiative „Um+Bau+Kultur Salzburg“ stark und verzeichnet einen Etappensieg. Der zum Teil neu besetzte Gestaltungsbeirat scheint nun mehr Sensorium für diesen spezifischen Ort zu haben. Und der Wettbewerbsgewinner Lukas Schumacher hat sich zurückgezogen. Nun denkt man an die Umsetzung der im Wettbewerb Zweitplatzierten, „Helen und Hard AS Architekten“. Dazu sollen als lokale Planer Huber-Theissl Architekten kommen (sie nahmen nicht am Wettbewerb teil). Weiter im Team ist Kräftner Landschaftsarchitektur (seine Landschaftsplanung war schon Teil von Schumachers Siegerprojekt).

Aber auch das nun aktuelle Projekt für das Areal an der Guggenmoosstraße wird vom Gestaltungsbeirat nicht ohne Wenn und Aber durchgewinkt. Noch bei der letzten Sitzung im Juli hatte die zwischenzeitlich verabschiedete Marie-Therese Harnoncourt, die im Wettbewerb Juryvorsitzende war, berichtet, dass das von den Zweitplatzierten „Helen & Hard“ verfolgte Konzept archäologischer Erinnerungskultur besonders sensibel mit der Geschichte des Ortes umgehe. Frei stehende Holzteile und Fundamentreste sollen dabei als abstrahierte „Fußabdrücke“ an den Silo erinnern.

Der Gestaltungsbeirat sieht das nun anders und fordert, nun den Erhalt des alten Silogebäudes anzudenken, da – so der Jury-Vorsitzende Walter Angonese – „die Zerstörung von Erinnerung ein Paradoxon sei, wenn gleichzeitig versucht werde, diese künstlich zu evozieren“. Die Gesamtidee leide nicht, ob der Baukörper dort stehe oder nicht. Marianne Burkhalter betonte, dass Mühle, Silo und Villa alle zusammen das Thema Arbeit widerspiegeln und nicht auseinander genommen werden dürften. Bernardo Bader stellte fest, dass der Silo sich harmonisch an das Mühlengebäude füge und bei den gegenwärtigen Plänen zu wenig vom Bestand bleibe. Für ihn sei es unverständlich, warum man etwas wegnehmen wollen, was man doch suchen würde – gute Baukörper.

Die Hauptforderung der Initiative ist eben eine respektvolle Nachnutzung des alten Silos von 1912, der im Inneren mit hervorragend erhaltenen, händisch gehobelten Holzkonstruktionen beeindruckt.

Der Gestaltungsbeirat zeigte sich auch irritiert von der Größe der geplanten Tiefgarage mit ca. 300 Stellplätzen, die fast das gesamte Areal unterkellern würde. Die Vorstellungen von einer parkartigen Begrünung sei Theorie, die reale Wahrnehmung der Räume werde eher einem Parkdeck gleichen, hieß es in der Sitzung. Die Initiative „Um+Bau+Kultur Salzburg“ geht von 91 Parkplätzen für diesen Ort aus.

Insgesamt positive Signale jedenfalls. In der Presseaussendung der Initiative heißt es: „Die Bemühungen der Um+Bau+Kultur für einen (ressourcen)schonenden Umgang mit dem Bestand, vor allem in der wenig beachteten Peripherie außerhalb Salzburgs geschützter Altstadt, scheinen nun im Gestaltungsbeirat gehört zu werden.“ Nun hoffen die Experten auf den längst überfälligen Paradigmenwechsel auch in der Stadtplanung, bei den Bauherren und bei der Baubehörde. Letztere wird aufgefordert, Sonderlösungen für den Brandschutz im Silo zu finden, wie dies den Erhalt anderer Mühlen und Silos, so beispielsweise der Stadtmühle in Graz oder der Kunstmühle in Rosenheim ermöglicht hatte.“

Und weiter heißt es: „Einen Wehrmutstropfen gilt es allerdings zu verarbeiten: Der schlechte Ruf von Architek-tenwettbewerben in Salzburg (siehe Paracelsusbad, Kleines Festspielhaus, Kongresshaus etc.) wurde auch bei der Rauchmühle erneut bestätigt. Denn wieder einmal baut nicht der Sieger!“

Mit etwa 240 Wohnungen auf ca. 21.000 Quadratmetern ist die Verbauung der Rauchgründe in Lehen nach den Planungen für das Areal der Riedenburgkaserne eines der letzten großen Wohnbauvorhaben in der Stadt Salzburg. Walter Angonese bezeichnete es als „Filetstück für den Salzburger Wohnungsbau“.

Bilder: Jana Breuste (1); dpk-krie (2)
Zur Dokumentation Rauchmühle Vom Mühlrad zur Kunstmühle und
Es ginge um ein Stück Lehen-Identität