Stadt planen, bevor die Spekulanten zuschlagen

HINTERGRUND / RIEDENBURGKASERNE / STADTENTWICKLUNG

19/10/10 Die "Initiative Architektur" hat dieser Tage in einer Presseaussendung für die Neubebauung der Riedenburgkaserne eine qualifizierte Stadtentwicklung gefordert. Und der Architekt Gert Cziharz sieht in der anstehenden Planung "eine Kulturfrage erster Ordnung für die Entwicklung unserer Stadt".

Die politischen Überlegungen reichen derzeit vom schnellen Verkauf, um das Budget des Verteidigungsministers aufzubessern, bis hin zu schweren Geschützen wie der Enteignung via Bodenbeschaffungsgesetz. "Jetzt allerdings darüber zu spekulieren,

wie viele (Miet-)Wohnungen auf dem 30.000 qm großen Areal errichtet werden können ist verfrüht", warnt die Initiative Architektur. "Das verengt den Horizont und lenkt von der wesentlichen Frage ab, was die Stadt als Ganzes braucht und was der Stadtteil verträgt."

Der Wert der Riedenburgkaserne bemesse sich nicht an den Höchstpreisen, die für das altstadtnahe Areal sicherlich erzielbar wären. Es gehe ja, so die Initiative Architektur, "nicht darum, das Bundesbudget auf dem Rücken der künftigen Nutzer oder der Stadt zu sanieren, sondern um Stadtentwicklung." Die Stadtgemeinde habe mit der Flächenwidmung ein geeignetes Instrument in der Hand, um spekulative Prozesse wirksam zu unterbinden.

"Die Forderung des Stadtvereines und anderer engagierter Salzburger Bürger, dass die zukünftige Nutzung des Geländes der Riedenburgkaserne  ausschließlich eine Angelebenheit der Stadt Salzburg sein muss, sollte von einer möglichst großen Anzahl von Bürgern unserer Stadt mitgetragen werden", hofft der Architekt Gert Cziharz. "Ein derartiger Unsinn, wie bei dem Gelände der Kaserne in der Klessheimer Allee passiert, wo das Gelände von der Wiener Bundesbürokratie an einen ausländischen Investor verkauft wurde, dessen spekulativen Interessen sich mit den übergeordneten Überlegungen unserer Stadtplanung nicht unbedingt decken, darf sich nicht noch einmal wiederholen."

Die Initiative Architektur empfiehlt einen Blick über den Tellerrand: "Nehmen wir ein sehr großes Beispiel: Paris, Boulogne-Billancourt, das alte Fabrikationsgelände von Renault. Die Autofirma produziert längst an anderer Stelle und wollte das riesige Areal bestmöglich verscherbeln. Spät, aber doch hat die Stadt das Heft in die Hand genommen und mit dem Druckmittel der Widmungsänderung Renault zum Einlenken gezwungen. Über eine städtisch kontrollierte Gesellschaft werden nun die öffentlichen Belange umgesetzt und auch von den Investoren finanziert. So gibt es jetzt - bevor die Nutzer einziehen - breite, mit ordentlichen Bäumen bepflanzte Boulevards und erholsame Parks. Sukzessive sprießen auch die Hochbauten mit Wohnungen, Büros und Kindergärten unter Beteiligung vieler Architekten, um gestalterische Vielfalt und städtische Lebendigkeit zu erzeugen."

Aber auch in der Nähe sieht die Initiative Architektur Beispiele, wie man mit vorausschauender Planung vernünftige Dinge in Gang gebracht hat. Etwa auf dem alten Stadiongelände in Lehen: "Dort hat die Stadt einen Architektenwettbewerb durchgeführt und dann das Projekt verkauft. Das Ergebnis wurde mehrfach preisgekrönt und ist sicher ein gelungenes Beispiel, weil die Stadt ihre Verantwortung wahrgenommen hat. Warum sollte Vergleichbares auf dem Areal der Riedenburgkaserne nicht möglich sein?"

Architekt Gert Cziharz über die spezielle Scharnierfunktion des Areals in der Riedenburg: "Dass gerade dieses Gelände ob seiner besonderen Beziehung zwischen alter und neuer Stadt in besonderem Masse für die weitere nachhaltige Entwicklung unserer Stadt von ganz entscheidender  Bedeutung sein wird, sollte wohl auch jedem Laien klar sein."
(Initiative Architektur/Gert Cziharz/dpk)