Die Sonnenuhren haben wieder recht!

HINTERGRUND / ZEITUMSTELLUNG

29/10/21 Von wegen europäische Einigung. Die Uhren, auch die Turmuhren, werden einmal mehr umgestellt. Es herrscht wieder Normalzeit. „Vor einem Jahr habe ich noch gemeint, das Ende der Zeitumstellungen sei gekommen. Davon kann jetzt keine Rede mehr sein.“ So der Turmuhrmacher Michael Neureiter.

Historische Turmuhrwerke ticken anders. Auch die Umstellung auf Normalzeit geschieht keineswegs durch Funksignal und automatisches Zurückstellen um eine Stunde: „Da braucht es einen Besuch beim Werk und ein Zurückstellen von Hand – oder eine Stunde Zuwarten. Das ist immer auch eine gute Gelegenheit, das betreffende Werk zu schmieren und den Zustand zu überprüfen“, sagt Michael Neureiter, der im Salzburger Raum für die Umstellung von historischen Werken sorgt. So etwa in der Großen Aula der Universität (1746), in Zellhof bei Mattsee (1780), im Borromäum (1912) und im Turmhaus Kleßheim (1732).

Der Uhren-Experte und Theologe hat immer auch historische Details bei der Hand: „Das Turmhaus Kleßheim wurde 1731 im Park links von Schloß Kleßheim im Auftrag von Fürsterzbischof Anton Eleutherius von Firmian errichtet – im gleichen Jahr, in dem er das Emigrations-Patent erließ und in der Folge mehr als 20.000 Protestanten aus dem Land verwiesen wurden. 1732 stattete Joseph Christoph Schmidt den Turm mit einem Uhrwerk aus.“

Auch in Bad Vigaun laufen dank Neueiter Sonnen- und Kirchturmuhr für die nächsten paar Monate synchron. Es ist ja eigentlich eh klar, aber man muss es sich bewusst machen: „Eine ganzjährige Sommerzeit hätte auch die Folge, dass Sonnenuhren immer eine Stunde hinten wären.“

Erst jüngst hat Michael Neureiter an einer Restaurierung im Tirolerischen mitgearbeitet: Gerettet worden war das bereits in den 1960er-Jahren ausgebaute Werk der Turmuhr im „Tiroler Glockendorf“ Waidring: „Das Uhrwerk wurde völlig verrostet und unvollständig angeliefert. Mit Unterstützung von Sepp Danzl haben wir einen Uhrkasten gebaut. Martin Zelger hat Modelle für zwei Schlagglocken gedrechselt, ich habe diese dann gegossen. Kunstschmied Thomas Zelger hat die Glockenaufhängung ausgetüfelt und nahezu originalgetreu erstellt. Die Restaurierung hat Michael Neureiter ab 2019 bewältigt. Es war gelungenes Teamwork. Schon seit der Zeit vor Corona steht die große Uhr im Glockendorf und tickt und schlägt seitdem.“ Diesen Ablauf schildert Richard Foidl vom Verein Glockendorf anlässlich der Präsentation des restaurierten Werks in Waidring am 20. Oktober. Es sei ein „Herzeigeprojekt in der Branche und eine vorbildliche Initiative“, so der Salzburger Horologe Neureiter. (horologium / dpk-klaba)

Bilder: horologium / Michael Neureiter