Das Leben so schwer wie möglich machen

HINTERGRUND / FLÜCHTLINGE

06/06/18 „Generell wird in der Flüchtlings- und Zuwanderungsdebatte von Regierungsseite ein Ton forciert, der polarisiert, der manche Gesellschaftsgruppen als ganze zur Gefahr bzw. zu Schmarotzern stilisiert. Das ist ein gefährliches Spiel, wie wir aus unserer eigenen Geschichte wissen.“ So Gerda Schaffelhofer, Präsidentin der Katholischen Aktion Österreich.

Die Katholische Aktion fordert einen Wechsel in der Flüchtlingspolitik von Panikmache hin zu sinnvoller, zielführender Integrationspolitik. Nach ihrer jüngsten Klausur vergangenes Wochenende zur Vorbereitung der EU-Präsidentschaft Österreichs habe die Regierung erneut so getan, als sei die Zahl der Flüchtlinge, die derzeit in die EU gelangt, die größte Bedrohung, der Europa und damit auch Österreich gegenwärtig ausgesetzt sind. „Die tatsächlichen Zahlen sprechen eine ganz andere Sprache. Von Jänner bis April haben laut offizieller Statistik 5.011 Flüchtlinge in Österreich um Asyl angesucht, das ist ein Rückgang um mehr als 40 Prozent zum Vergleichszeitraum des Vorjahres. Diese Zahl ist auch weit von den Zahlen des Jahres 2015 entfernt, und trotzdem übt sich Innenminister Herbert Kickl in Alarmismus“, kritisiert Gerda Schaffelhofer.

„Gleichzeitig hat die Regierung eine Reihe von Maßnahmen gesetzt bzw. geplant, die den in Österreich befindlichen Asylwerbern und auch anerkannten Flüchtlingen das Leben offenbar möglichst erschweren sollen, anstatt zielführende und nötige Hilfe zu leisten“, beklagt die KAÖ-Präsidentin. „Die angedachte Gründung einer Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, die sowohl die Unterbringung als auch die Rechtsberatung von Asylwerbern eng an das Innenministerium bindet, hat unausgesprochen ein klares Ziel: Private Helfer und NGOs sollen aus diesem Bereich verdrängt werden, denn diese – meist ehrenamtlichen Helfer – machen sich im Notfall für die Wahrung der Rechte und legitimen Interessen der Asylwerber stark.“

Verträge des Innenministeriums mit Organisationen, die Rechtsberatung leisten, sollen dem Vernehmen nach Ende 2018 gekündigt werden, nach der einjährigen Kündigungsfrist soll die Neuorganisation ab 2020 greifen. Dann wolle man Rechtsberaterinnen und Rechtsberater einzeln bei der Bundesagentur anstellen, heißt es. Würden diese Pläne umgesetzt, werde damit die unabhängige Rechtsberatung de facto eingestellt, kritisiert die KAÖ-Präsidentin: „Damit würde das Innenministerium die Rechtmäßigkeit der eigenen Bescheide im Streitfall selbst beurteilen, das spricht einem Rechtsstaat, der diesen Namen verdient, Hohn. Es würde auch den EU-Vorgaben für die Rechtsberatung von Asylwerbern widersprechen, denn die Berater müssen unabhängig und weisungsfrei sein.“

„Völliges Unverständnis“ äußert Schaffelhofer für jene Fälle von Abschiebungen in den vergangenen Monaten, in denen Lehrlinge aufgrund eines negativen Asylbescheides aus ihrer Lehrausbildung – manchmal direkt von ihrem Arbeitsplatz weg - herausgerissen und in ihre Heimat verfrachtet wurden.

Von Jänner bis April 2018 wurden nach offiziellen Zahlen 1.299 abgelehnte Asylwerber in ihre Heimatländer zurückgebracht. Das sind um 38 Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. In der Erzdiözese Salzburg gibt es nun Bestrebungen, stärker die Möglichkeiten des Kirchenasyls auszuloten, um in Härtefällen humanitäre Perspektiven für Flüchtlinge zu eröffnen. Gerda Schaffelhofer dazu: „Ich kann einer solchen Vorgangsweise viel abgewinnen. Es geht immer um das Schicksal einzelner Menschen, und als Christen können wir nicht einfach zusehen, wenn einem Mitmenschen Gefahr droht.“

Zum Einwand, dass mit der Gewährung humanitärer Aufenthaltstitel nach negativem Ausgang eines Asylverfahrens der grundlegende Unterschied zwischen gezielter Zuwanderungspolitik und dem Flüchtlings- und Asylwesen verwischt werde, meint Gerda Schaffelhofer: „Die reine Lehre der Migrationspolitik wird nirgends praktiziert. Wir haben 2015 viele Flüchtlinge aufgenommen. Das Recht, abgelehnte Asylwerber abzuschieben, bleibt bestehen. Aber was hindert uns daran, mit den Menschen, die hier sind, ob sie nun bleiben werden oder nicht, das Beste zu machen. Sammelquartiere und Streichung der Mittel für Deutschkurse bei gleichzeitiger Kürzung der Mindestsicherung, wenn keine ausreichenden Deutschkenntnisse vorhanden, zählen sicher nicht dazu.“ (KAÖ)

Bild: www.kaoe.at