Chaos und punktuelle Qualität (1)

HINTERGRUND / ARCHITEKTUR / SALZBURG

26/05/10 Die Stadt Salzburg erlebt zurzeit einen tief greifenden Veränderungsprozess. Es wird investiert, und es wird gebaut. Einige Stadtbereiche verändern sich völlig. Jemand, der zwanzig Jahre nicht mehr hier war, wird sich in einigen Stadtteilen gar nicht mehr zu Recht finden.

Von Werner Thuswaldner

altDie Frage ist, ob diese Veränderungen von einem übergeordneten Willen geleitet sind und in die richtige Richtung gehen. Hat die Stadtverwaltung ein städtebauliches Konzept, und hat sie die Kraft, es im Wirrwarr der Interessen durchzusetzen?

Mit diesen beiden Fragen wird ein heikler Punkt berührt. Die Antwort lautet: Städtebaulicher Gestaltungswille ist nur in ganz bescheidenen Ansätzen zu erkennen. Das Vertrauen der Stadtbewohner in die Politik ist in dieser Hinsicht sehr gering. Man verweist auf die Absicht der Stadt, ein Spaßbad zu bauen. Die Diskussion darüber dauert nun schon etliche Jahre. Der Unterhaltungswert hat rapide abgenommen. Von Spaß kann in diesem Zusammenhang schon lang keine Rede mehr sein.

altOhne eine übergeordnete Vorstellung ist im Detail nichts auszurichten. So lautet ein Kernsatz des Doyens der Salzburger Architekten, Gerhard Garstenauer, der im Bereich der Theorie des Städtebaus und der Architektur wichtige Arbeit geleistet hat.

Initiatoren des Baubooms, der erstaunt, weil wir uns ja, wie immer wieder betont wird, in einer großen Wirtschaftskrise befinden, sind zu einem großen Teil öffentliche Institutionen und zu einem geringeren Teil private Bauherren. Letztere schaffen vor allem Büroräume und hoffen darauf, sie teuer vermieten zu können.

altBlickt man auf die Entwicklung der vergangenen 25 Jahre zurück, wird man sagen müssen: Es hätte alles noch viel schlimmer kommen können. Davor hatte nämlich in Belangen des neuen Bauens in Salzburg größte Unsicherheit geherrscht. Dann aber kam es zur Einrichtung eines „Gestaltungsbeirats“, und die Politik musste nicht länger architektonische und städtebauliche Projekte hinsichtlich ihrer Qualität beurteilen. Damit war sie bei weitem überfordert gewesen. Der Gestaltungsbeirat sorgt seitdem mit mehr oder weniger Erfolg für eine Anhebung des Niveaus. Er ist leider nicht für die Altstadtzone zuständig, hatte also auf den problematischen Neubau des Kleinen Festspielhauses (Haus für Mozart) keinen Einfluss. Oft kam es dazu, dass vom Beirat ein Projekt zurückgewiesen und ein internationaler Wettbewerb gefordert wurde. Wettbewerbe führten in der Regel zu besseren Ergebnissen. Das neue Kongresshaus ist kein Beispiel dafür, wohl aber der Europark in Taxham. Der ursprüngliche Entwurf eines Innsbrucker Ingenieurbüros mit einer beängstigenden Höhenentwicklung hätte den wenig attraktiven Stadtteil noch stärker als architektonisches Niemandsland gekennzeichnet. Im internationalen Gutachterverfahren konnte sich der römische Architekt Massimiliano Fuksas durchsetzen, und er verstand es, die ernorme Baumasse – übrigens auch noch in einem späteren, zweiten Bauabschnitt 2005 – in ein ansprechendes Raumgefüge zu gliedern. Anspruchsvolle Architektur und kommerzieller Erfolg gehen übrigens in diesem Fall Hand in Hand.

Der Gestaltungsbeirat – das Salzburger Modell fand in vielen in- und ausländischen Städten Nachahmung – befasste und befasst sich zwar vor allem um Einzelobjekte und erreicht damit im Stadtganzen zumindest punktuell eine Verbesserung der Baukultur. Hie und da raffte sich der Beirat aber dazu auf, sich einem größeren Zusammenhang zu widmen. So etwa entwickelte er ein Konzept für die Bebauung der Sterneckstraße, die inzwischen weitgehend verwirklicht ist.  (Wird fortgesetzt)

Bilder: dpk-krie