Sammle in der Zeit, dann hast Du in der Not

HINTERGRUND / NOTGELD

31/10/17 Ach ja, heute Dienstag (31.10.) ist nicht nur der überrunde Reformationstag, es ist auch Weltspartag. Den gibt es immer noch, obwohl die Sparbuchzinsen null und nichtig sind. 1917/18 wäre sparen noch unsinniger gewesen: Ein Streiflicht aufs Notgeld aus dem Ersten Weltkrieg.

Vor knapp hundert Jahren konnte man in zahlreichen Gemeinden mit eigenem Gemeindegeld bezahlen. Mehr als eintausend österreichische Gemeinden brachten damals ihr eigenes Geld in Umlauf. Grund dafür war das Horten von Münzgeld als Folge der Auflösung der österreichisch-ungarischen Monarchie. Die Bevölkerung behielt in dieser Krisenzeit die Münzen, die aufgrund ihres Metallwertes einen festen Wert darstellten, zurück, in Folge fehlten diese im Geschäftsverkehr als notwendiges Wechselgeld. Da der Staat nicht schnell genug reagieren konnte begannen nun erste Gemeinden, mit offizieller Duldung, ihr eigenes Wechselgeld in Umlauf zu bringen. Das sogenannte „Notgeld“ war geboren.

Den Reigen der Notgeldausgaben eröffnete 1918 Innsbruck, es folgten die Tiroler Gemeinden Kufstein und Kitzbühel und die Landeshauptstädte Wien, Graz und Salzburg. Die Beispiele auf dieser Seite stammen aus Großarl, Bad Hofgastein, St. Gilgen und der Landeshauptstadt.

Schon bald wurden die bunten Notgeldscheine von Sammlern entdeckt: Notgeldscheine des Heimatortes, aus dem eigenen Bundesland oder aus ganz Österreich waren das erklärte Sammlerziel. Für die Gemeinden hatte das den sehr angenehmen Nebeneffekt, dass die gehorteten Scheine nicht mehr eingelöst werden mussten.

Die Notgeldausgaben entwickelten sich so zum willkommenen Nebengeschäft und die Gemeinden gaben immer weitere, für die Sammler bewusst interessant und attraktiv gestaltete Ausgaben aus. In Trafiken, Bahnhöfen und Papierfachgeschäften wurden die Notgeldausgaben, zumeist bestehend aus Werten von 10, 20 und 50 Hellern, verkauft und am Arbeitsplatz und im Schulhof mit Feuereifer getauscht. Mehr als 100.000 Notgeldsammler soll es damals in Österreich gegeben haben.

Als der Staat schließlich sein Ausgabemonopol für Banknoten wieder einforderte und die Ausgabe neuer Notgeldausgaben untersagte, ebbte der Sammelboom langsam wieder ab und heute ist diese Episode der österreichischen Geschichte fast vollkommen in Vergessen geraten.

Doch Notgeld wird auch heute noch gesammelt und viele der damals angelegten Sammlungen schlummern vergessen in Kellern und auf Dachböden. Es könnte sich durchaus lohnen, einen genauen Blick auf diese vergessenen Schätze zu machen, denn für einzelne Objekte werden in Sammlerkreisen und auf Auktionen bis zu tausend Euro bezahlt.

Im Vorjahr ist anlässlich des Landesjubiläums der Katalog „Notgeld Salzburg“ von Rudolf Richter erschienen (Verlag Frühwald). Nun sind in einem neuen zweibändigen Katalog des österreichischen Notgeldes 1914-1924 sind erstmals alle damals ausgegebenen Notgeldscheine erfasst und mit mehr als 8.500 farbigen Abbildungen dargestellt. Zu jeder dieser Ausgaben ist der heutige Sammlerwert mit angegeben. (pts)

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