Wie man Konzentrationslager baute

MARKO FEINGOLD PREIS / ANNIKA WIENERT

20/09/16 Die deutsche Kunsthistorikerin Annika Wienert wurde gestern Montag (19.9.) für ihre Dissertation mit dem Marko Feingold Preis 2016 ausgezeichnet. Sie setzte sich in ihrer Arbeit mit der Architektur der polnischen Vernichtungslager Belzec, Sobibór und Treblinka auseinander.

Im Rahmen der sogenannten Aktion Reinhard wurden zwischen dem Frühjahr 1942 und Herbst 1943 mindestens 1,7 Millionen Jüdinnen und Juden mit Motorenabgasen in Gaskammern ermordet. Die Lagerarchitektur wurde so gestaltet, dass sie eine massenhafte Tötung von Menschen ermöglichte.

Annika Wienert rekonstruierte die bauliche Gestalt und Entwicklung dieser Lager. „Das Bemerkenswerte ist, dass sich die Lager ständig weiterentwickelt und verändert haben“, betont Wienert. Sie verfasste Ihre Dissertation am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum. Derzeit lebt Preisträgerin in Warschau und arbeitet dort am Deutschen Historischen Institut.

Anlässlich des 100. Geburtstages des Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Hofrat Marko Feingold, haben Stadt, Land und Universität Salzburg im Jahr 2013 den gleichnamigen Preis ins Leben gerufen. Der „Marko Feingold-Preis“ wird unter anderem für Dissertationen vergeben, die sich mit dem Leben und der Arbeit der jüdischen Bevölkerung sowie deren Einfluss auf Kultur, Wissenschaft und Literatur beschäftigen.

Rektor Heinrich Schmidinger bei der Preisverleihung: „Marko Feingold ist eine einzigartige Persönlichkeit, insbesondere im Umgang mit dem Erlebten. Mit dem Preis soll diese Einzigartigkeit gewürdigt werden.“ Auch Bürgermeister Heinz Schaden hob Marko Feingolds Art die schwere Vergangenheit zu bewältigen hervor: „Er hat so viel Schreckliches erlebt und trotzdem nie aufgehört nach vorne zu schauen. Wenn er als einer der letzten Zeitzeugen vom Holocaust erzählt, tut er das ohne Bitterkeit, aber ungeschönt. Salzburg hat ihm viel zu verdanken.“

Berichte Überlebender hat auch die nun ausgezeichnete Wissenschafterin genutzt. Darauf verweist Vizerektorin Sylvia Hahn. Dem Thema habe bisher weder die Geschichtsforschung noch die Kulturgeschichte breiten Raum gewidmet, weswegen dieser Dissertation besonderer Stellenwert zukomme. „Trotz der sehr kargen Quellenlage konnte die Autorin durch Gespräche mit Überlebenden einen einzigartigen Blick auf die Lager schaffen. Die Arbeit ist sehr interdisziplinär und hat einen Salzburgbezug, auch deshalb wurde sie für den Preis ausgewählt“, so Hahn.

Marko Feingold ist seit 1979 Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde, entfaltete eine rege Vortragstätigkeit und ist aktiver Teilnehmer am interreligiösen Dialog. 2012 würdigte ihn die Universität Salzburg mit dem Ehrenring in Gold für seine außerordentlichen Verdienste. Feingold war an der Gründung und Weiterführung des Zentrums für jüdische Kulturgeschichte an der Universität beteiligt. (Universität Salzburg)

Bild: Universität Salzburg / Neumayr / Leo