Der Strom kommt eh aus der Steckdose

GLOSSE

rkVon Reinhard Kriechbaum

10/12/13 Da steigen also jetzt den meisten Kulturschaffenden aus gutem Grund die Grausbirnen auf angesichts der absoluten Ebbe in den Fördertöpfen des Landes. Worüber aber denken die in der „Initiative Kulturstadt Salzburg“ sich engagierenden Bürger nach?

Man soll sich, gerade wenn’s um die Kultur geht, um Gottes Willen nicht von schnöden Tagesaktualitäten irritieren lassen. Etwa von drohendem Zu-Tode-Sparen mancher zarter, freier Kultur-Pflänzlein. Außerdem hieß es ja unlängst in einem Pressegespräch, man wolle „auf aktuell aufbrandende Themen nicht reflexartig reagieren, bevor nicht handfeste Informationen vorliegen“.

Da denkt die Initiative Kulturstadt Salzburg lieber langfristig nach. Derzeit über die Altstadt. „Es muss eine Vision geben, wohin sich die Stadt in zwanzig Jahren entwickeln soll.“ Wohl wahr. Bei einem Kulturfrühstück hat man sich jüngst also die Köpfe zermartert. „Die gemeinsame Quintessenz lautete: Ohne Bewohner kann die Innenstadt nicht lebendig bleiben. Es braucht Verständnis für die Bedürfnisse eines modernen Lebens in historischen Gebäuden.“ Das „Überborden“ von Events im öffentlichen Raum wirke sich auf die Bewohner sehr belastend aus. „Einige gute Events sind jedoch nötig und die Plätze müssen auch ‚leer‘ wirken können.“

Von diesen bahnbrechenden Erkenntnissen ist’s jetzt wohl nur noch ein winziger Schritt zur ultimativen Zwanzig-Jahre-Vision. Wir sind schon ungeduldig.

Und falls das mit den Altstadt-Visionen doch nichts wird? Da hat man noch ganz andere im Talon! Es geht um die Kollegienkirche, um deren „mehrmonatige Nutzung für Veranstaltungen mit europäischem Niveau“, wie es in einer Presseaussendung der Initiative Kulturstadt Salzburg von Montag (9.12.) vielversprechend heißt. „Es sollen auch außerhalb der Sommerfestspielzeit einige Veranstaltungen stattfinden und die Kirche mit Musik und bildender Kunst bespielt werden.“

Bei allem müsse freilich „auf den Raum eingegangen werden, die Veranstaltungen müssen dafür ‚passen‘“. Und ein Thema sei eine „Beheizung ab dem Frühling, was wiederum sehr teure Einbauten“ erfordere. Es fehlt nicht an Problembewusstsein: „Berücksichtigt werden müssten bei einem derartigen Projekt die laufenden sehr hohen Energie- und Wartungskosten.“ Und – darauf pochte die Landeskonservatorin Eva Hody – es müsse sichergestellt werden, „dass ein nachträglicher Heizungseinbau die eben abgeschlossene Restaurierung der Universitätskirche durch Luft- und Staubverwirbelungen sowie Kondenswasser an den kalten Innenwänden nicht deutlich in der Haltbarkeit reduziere“.

Manchmal steht den Visionen, den echten Geistes-Würfen leider kleinliches Praxisdenken gegenüber. Auf die wohlig warme Kollegienkirche freuen wir uns jedenfalls schon, auch wenn das Kondenswasser tropft. Für Veranstaltungen „von europäischem Format“ sollten sich potente Geldgeber finden. Mit den ultra-knappen Fördermitteln sollen sich die lokalen Kultur-Kleingeister herumschlagen. Und außerdem: Der Strom kommt eh aus der Steckdose.

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