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Tod und Leben

KOMMENTAR

Von Reinhard Kriechbaum

15/11/22 Nun hat es also einen Klimt im Wiener Leopold-Museum getroffen. Tod und Leben heißt das beschmierte, sehr prominente Bild – für Klima-Aktivisten also ein zumindest dem Titel nach passendes Ziel. Die Medienaufmerksamkeit ist ihnen sicher. Eh nur Fake-Öl, fürs Bild so unbedenklich wie für die Umwelt, wenn man's wegwischt, beruhigen die Übeltäter.

Seit Wochen lavieren die Kommentatoren zwischen Verständnis für die Anliegen der Aktivisten und kategorischer Ablehnung. Die einen sagen: Klug, sich gerade auf Kunstwerke zu konzentrieren, weil der PR-Effekt entschieden größer ist, als wenn man irgendwo Straßen blockiert (da muss schon eine Radfahrerin, wie in Berlin, unter die Räder kommen, um es international in die Schlagzeilen zu bringen). Oder ist es doch bloß hinterhältiger Aktionismus von Menschen, denen die Kultur vermutlich bisher am A... vorbei gegangen ist und bald auch wieder vorbeigehen wird?

Tatsache: Dass absolut zu wenig weitergeht in Sachen Klimaschutz, ist der neoliberalen Wirtschafts(un)ordnung geschuldet, die seit Jahrzehnten die Politik vor sich hertreibt. Zu viel Geld sammelt und vermehrt sich in den Händen viel zu weniger Menschen, gegen deren übermächtigen Lobbyismus selbst in Klima-Angelegenheiten ambitionierte Politiker nichts ausrichten.

Diese Geldkonzentration – und nun sind wir tatsächlich bei der Kunst – lässt den Markt außer Rand und Band geraten. Auch den Kunstmarkt. Bei Auktionen ist oft nur die Frage, ob sich der Zuschlage-Preis gerade noch im zweistelligen oder schon im dreistelligen Millionenbereich bewegt. Schiele ist wertmäßig noch kein Leonardo da Vinci, dessen Salvator mundi 2017 bei Christie's stolze 450 Millionen US-Dollar erzielte. Aber in der Liste der zehn teuersten Gemälde findet sich immerhin auf Platz acht schon ein Gemälde von Gustav Klimt (ein Porträt Adele Bloch-Bauer, verkauft 2006 für 135 Millionen Dollar an den US-amerikanischen Unternehmer Ronald Lauder).

Es ist die Clique von Wirtschaftskapitänen, die ihr Geld auch in Kunst investieren und damit die Preise in astronomische Höhen lizitieren. Mit solchen Mitbewerbern hält auf der ganzen Welt kein Museum mit. Viel Kulturgut landet in privaten Safes. Als jüngst André Heller mit seinem gefälschten Basquiat-Bilderrahmen in die Schlagzeilen geriet, wurde zwar viel darüber diskutiert, ob das ein Jux oder eine kriminelle Handlung ist. Doch eigentlich wäre es der kolportierte Verkaufspreis (egal ob nun 800.000 oder drei Millionen Euro), der für Empörung sorgen müsste. Symptom für einen längst völlig durchgeknallten Markt.

Vielleicht sind Kunstwerke ja doch nicht ganz die falschen Objekte, um mit Aktionismus auf die Schräglage unserer Wirtschaftswelt hinzuweisen? Die Diskussion darf eben nicht nur ums Klima, sondern um die generellen Ver-Rücktheiten unserer Wertevorstellungen gehen.

Zum Wortlaut eines Offenen Briefs des Museumsbundes
Nicht den Diskurs-Ort beschädigen

 

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