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Fächerpolka. Schlangenwahl.

KOMMENTAR

Von Heidemarie Klabacher

09/08/20 Fächeln verboten. Das ist – echt nicht zynisch gemeint – eine gute Nachricht. Die Luft-Verquirlerinnen in Oper und Konzert stören beim Schauen und beim Hören. Nicht wenige der Fächer-Dinger klappern nämlich. Damit ist jetzt Schluss und das ist gut so. In Summe freilich scheinen die Anti-Corona-Bestimmungen der Festspiele von zunehmender Panik zu zeugen.

Schlangen in der Hofstallgasse. Schon draußen werden die Gäste vorsortiert. Je nach Sitzplatz im Großen Festspielhaus gilt es, sich in die richtige Schlange einzuordnen. Freundliche Platzanweiser helfen bei der Schlangenwahl. Weist jemand Ausweis und personalisierte Festspielkarte zum Abgleichen und Einscannen versehentlich doch am Ende einer falschen Schlange vor, wird er oder sie vom gleichbleibend charmanten Einlasspersonal in die richtige Schlange geschickt. Wo es gilt, sich unter Einhaltung des gebotenen Sicherheitsabstands wieder hinten anzustellen.

Bitte nicht falsch verstehen: Das ist in der aktuellen Lage absolut verständlich, nachvollziehbar und vernünftig. Die Gäste halten sich vorbildlich, murren auch nicht und spielen ohne Gage, dafür mit Maske, mit. Freilich: Weiter weg von jeglichem „Festspiel-Feeling“ kann der Einzug der Gäste nicht stattfinden.

Die nächste Drehung der Schraube war also – im Umfeld des Konzerts der Wiener Philharmoniker am Freitag (7.8.) um 21 Uhr im Großen Festspielhaus – das Fächer-Verbot. Das nervtötende Gewachel ist also jetzt offiziell untersagt, aber nicht weil es jeden konzentrierten Zuhörens Feind und eine Zumutung für echte Zuhörer ist, sondern weil Aerosole und mit diesen allfällige Viren aufgerührt und verteilt werden können.

Der Maßnahmen sind noch mehr. Die Projektion auf der Bühnenrückwand dankt nun den Gästen für die Einhaltung der Sicherheitsbestimmungen. Auch die Mund-Nasen-Schutz-Ansage ist neu eingespielt. Sie klingt jetzt weniger jovial. Die englische Ansage, zunächst wie es hieß eingesprochen von Tobias Moretti, klingt in der Neufassung mit Damenstimme gar nicht mehr gemütlich, die Empfehlung, den Mund-Nasen-Schutz während der Vorstellung aufzubehalten, deutlich strenger. Der abschließende Wunsch, die Aufführung zu genießen wirkt da fast schon befremdlich. Genießen? Wenn das Virus lauert? Kaum ist die Vorstellung aus – haben sich etwa in Mahlers Sechster die dunklen Mächte gegenüber der lichten Hoffnung endgültig durchgesetzt – erscheint auch schon wieder die Projektion mit der Aufforderung, den Mund-Nasen-Schutz jetzt wieder aufzusetzen.

Bei aller Dankbarkeit für den Kampf des Direktoriums um diese Festspiele, deren außerordentliche musikalische Qualität sich schon nach der ersten Woche abzeichnet, bei aller Dankbarkeit für „live Musik“ auf diesem Niveau nach Monaten des Verzichts – bei aller Dankbarkeit also und bei größter Bewunderung für die Standhaftigkeit der Präsidentin drängt sich angesichts der Notwendigkeit immer strengerer, letztlich doch stimmungsmordender Sicherheitsmaßnahmen die Frage auf, ob Nachgeben und Absagen nicht die bessere Option gewesen wäre.

PS: Warum sich die Festspielgäste dermaßen drangsalieren lassen müssen und sich bei den „Salzachgalerien“ an acht (!) Wochenenden die Menschen unkontrolliert drängen dürfen, hat auch noch kein Verantwortlicher erklärt.

 

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