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Famos

STICH-WORT

altVon Christina Repolust

04/05/10 Endlich ein passender Schrei, ein Jubel, den ich nun parat habe, wenn mir der flaumigste aller Knödel oder der kürzeste aller Espressi serviert werden sollt: Famos!

Damit kann ich nun endgültig „Super!“ oder „Superlecker!“, das ich nie verwende, aber sehr häufig höre, den deutschen Serien überlassen, in denen schlecht gekocht, blöd geredet und ungerecht bewertet wird. Die Gäste in diesen Dinner-Dates können länger über eine Sellerieschaumsuppe reden als der durchschnittliche Österreicher über das Amt des Bundespräsidenten. Das ist kein famoser Vergleich, ich weiß, ich wähle den amtierenden, denn der ist so famos unpeinlich.

Famos Schi gefahren bin ich nie, dafür kann ich mich über famose Tirolerknödel ziemlich lange freuen. Tirolersuppe mit Suppe oder mit Saft, ich wollte diesen Knödel mit Himbeerkracherl – anderen Saft kannte ich nicht – doch unbedingt kosten. Damals waren auch die Speisekarten noch famos klar. Die gängige Präposition lautete „mit“, also Knödel mit Saft. Da kennt man sich eben aus. Heute muss ich da lesen, ohne Lesebrille schon ganz und gar nicht famos: Tiroler Knödel an Riesling-Sauerkraut. Das klingt immer wie ein Email, „Tiroler Knödel an Riesling-Sauerkraut, hallo, Sauerkraut, bitte melden, hier ist Ihr/dein Knödel. Wie ist das Wetter bei dir, Knödel?“

In meinem Schaukelstuhl ist jede Lektüre ein Vergnügen, es liest sich dort ganz famos. Steigern will sich dieses weiche, verhalten Wort aber nicht lassen – dieser Knödel ist famoser als jener und am famosesten sitze ich in alten Kinostühlen. Jeder Komparativ und erst recht der Superlativ verringern den Charme dieses Eigenschaftswortes.

Du, Famoser, du, magst du noch eine Tasse heiße Schokolade, echt geschmolzene Echt-Schokolade. Alles ist echt für dich, du Famoser. Ich weiß, du bist schwer erreichbar, hast weder Handy noch Emailaccount, du schreibst noch mit dem Federkiel und bleibst am liebsten unerkannt. Sie, Herr, schalten Sie die Kamera aus, das ist nicht der Bundespräsident, nein, dieser Herr an meinem Tisch trägt zwar auch immer Krawatte, Mannerschnitten hingegen sind ihm eindeutig zu wenig famos.

Nein, famos ist keine Insel, nein, da kann man nicht Urlaub machen. Das heißt, lassen Sie sich, mein Herr, dieses Wort einfach auf der Zunge zergehen, und dann lassen Sie mich mit meiner famosen Begleitung bitte allein.

 

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