Unehrendoktoren

STICH-WORT

17/12/15 Wie Konrad Lorenz friedlich mit den Graugänsen tümpelt, an diese Bilder können wir uns noch gut erinnern. Er ist aber nicht immer nur mit Federvieh ins Wasser gegangen. Kräftige Schwimmbewegungen hat der Verhaltensforscher auch im Strom der Nazi-Ideologie unternommen.

Nun sind ihm und dem Wirtschaftsrechtler Wolfgang Hefermehl das Ehrendoktorat der Universität Salzburg aberkannt worden. Die Universität Salzburg hat als erste österreichische Universität im Jahr 2014 eine gründliche Untersuchung ihrer Ehrungspraxis hinsichtlich möglicher nationalsozialistischer Belastungen geehrter Persönlichkeiten eingeleitet.

„Die Verstrickung in nationalsozialistisches Unrecht wurde ... niemals thematisiert, die geradezu systematischen Auslassungen der Zeit zwischen 1933 und 1945 in den Lebensläufen vieler Geehrter wurde hingenommen und nicht hinterfragt“, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme des Universitätssenats. Durch diese Praxis habe sich „die Universität selbst mit Schuld beladen, indem sie nämlich einer Kultur des Verschweigens, Vergessens und Verdrängens Vorschub geleistet“ habe. „Die Vermutung liegt nahe, dass die nationalsozialistische Vergangenheit mancher zur Ehrung Vorgeschlagener einigen der Entscheidungsträger bekannt war, von diesen aber verschwiegen wurde.“ Zwar seien die jeweils gegebenen Gründe für die Ehrungen „allesamt untadelig“, aber „deren Trennung von allfälligen Verfehlungen der Geehrten war es nicht.“

Die erste Bereinigung der Tabula Honoris traf im Oktober 2014 Eduard Paul Tratz. Nun ist die Liste um weitere zwei Namen kürzer. Wie lag die Sache bei Konrad Lorenz? „Als Deutschdenkender und Naturwissenschaftler“ sei er „selbstverständlich immer Nationalsozialist“ gewesen, schrieb Lorenz 1938, als er in die NSDAP aufgenommen werden wollte. „Unter Wissenschaftlern und vor allem Studenten“ habe er eine „wirklich erfolgreiche Werbetätigkeit“ entfaltet. „Schon lange vor dem Umbruch war es mir gelungen, sozialistischen Studenten die biologische Unmöglichkeit des Marxismus zu beweisen und sie zum Nationalsozialismus zu bekehren…“ Seine „ganze wissenschaftliche Lebensarbeit, in der stammesgeschichtliche, rassenkundliche und sozialpsychologische Fragen im Vordergrund stehen“,sei „im Dienste nationalsozialistischen Denkens“ gestanden, warb Konrad Lorenz damals in eigener Sache.

Wüste Aussagen finden sich in seinem Aufsatz „Durch Domestikation verursachte Störungen arteigenen Verhaltens“ im Jahr 1940: Da redete er der „Selektion auf Härte, Heldenhaftigkeit, soziale Einsatzbereitschaft“ das Wort. „Die Unbeliebtheit der sich eine Auslese ‚auf Anständigkeit‘ anmaßenden Menschen wird dann sehr verständlich, wenn man sich vor Augen hält, daß sie eine biologische Rolle übernehmen, die in der Vorzeit der Menschheit von feindlichen Außenfaktoren gespielt wurde“, argumentierte Lorenz. Aber „der rassische Gedanke als Grundlage unserer Staatsform hat schon unendlich viel in diese Richtung geleistet. Die nordische Bewegung ist seit jeher gefühlsmäßig gegen die ‚Verhaustierung‘ des Menschen gerichtet gewesen...“

Für keinen „biologisch Empfindenden“ könne ein Zweifel bestehen, was „der Weg der eigentlichen Evolution, der Weg nach ‚oben‘ ist!“. „So wie beim Krebs… der leidenden Menschheit nichts anderes geraten werden kann als möglichst frühzeitiges Erkennen und Ausmerzen des Übels, so beschränkt sich auch die rassehygienische Abwehr gegen die mit Ausfallserscheinungen behafteten Elemente auf die gleichen recht primitiven Maßnahmen…“, argumentiertre Lorenz. So ergebe sich „ein vorläufiger Ratschlag“,nämlich dass „wir uns in bezug auf den anzustrebenden Soll-Typus unseres Volkes auf die im Nicht-Analysierten wurzelnden Reaktionen unserer Besten verlassen sollen.“

Wolfgang Hefermehl begründete in seinem Aufsatz „Die Entjudung der deutschen Wirtschaft“ 1938 unter anderem Berufsverbote für Juden sowie Zwangsarisierungen. Sie verfolgten „den Zweck, den jüdischen Einfluss auf die deutsche Wirtschaft völlig zu brechen und damit die Judenfrage auf wirtschaftlichem Gebiet endgültig zu lösen.“

Die Überprüfung der Tabula Honorum soll 2016 abgeschlossen werden, meldet die Universität Salzburg. Sie fördere „ein facettenreiches Bild zu Tage, von Personen, die selbst Opfer des Nationalsozialismus waren, über Profiteure und Mitläufer, bis zu schwer Belasteten.“ (Universität Salzburg/dpk-krie)