Guggemusik

STICH-WORT

20/01/11 Man braucht einen langen Atem und gehobenere Pisa-Werte, um sich durch den Satz zu kämpfen. Aber es lohnt, die Tragweite des schändlichen Faschingstreibens zu erfassen, das sich da am kommenden Freitag (21.1.) im Festspielbezirk anbahnt.

Von Reinhard Kriechbaum

"In meiner Funktion als Präsident der Stiftung Mozarteum Salzburg frage ich Sie, welchen Stellenwert der Altstadtverband/die Altstadt Salzburg Marketing GmbH dem wichtigsten Musik-Klassikfestival in der Winterzeit in Salzburg, darüber hinaus diesem international angesehenen und zur Gänze in der Salzburger Altstadt veranstalteten Musikereignis beimisst, wenn zeitgleich mit der Eröffnung der Mozartwoche, konkret am kommenden Freitag, 21. Jänner 2011, ohne jede Abstimmung mit der Stiftung Mozarteum als Veranstalter der Mozartwoche ein Faschingszug in der Innenstadt mit Sperre des wichtigsten Zufahrtsbereiches zum Haus für Mozart gerade zum Zeitpunkt des Eintreffens der Gäste der Mozartwoche geplant wird." So Stiftungs-Präsident Johannes Honsig-Erlenburg.

Was da in der Innenstadt abgeht - nach "einer notwendigen Intervention beim Polizeipräsidenten" glücklicherweise erst um 19 Uhr (und nicht schon um 18 Uhr) ab Staatsbrücke - ist ein "Guggemusik“-Festival. Zwei Tage wird es dauern. Wie der städtische Informationsdienst dieser Tage hinausposaunt hat, werden 1.800 Gäste aus der Schweiz, Deutschland, Österreich und Liechtenstein erwartet.

Die "Guggemusik" ist ein Faschingsbrauch aus dem alemannischen Raum (Schweiz, Süddeutschland). Auch in Vorarlberg kennt man solche Musikgruppen, die bekannte Stücke verballhornen. "Schon ihre kunstvoll und aufwändig gefertigten Kostüme ziehen die Aufmerksamkeit auf sich. Die Akteure tragen zudem fantasievolle Masken, meist aus Holz, oder sie sind vermummt. Ihre Gewänder werden zum Teil von Generation zu Generation weitervererbt. Bei ihren Umzügen geben die Guggemusiker stets ein pittoreskes Bild ab." Das weiß man beim InfoZ. Schon im Jahr 2004 hat es ein solches Guggemusik-Festival in Salzburg gegeben. Damals ist man nicht mit der Mozartwoche kollidiert.

Der Begriff Guggemusik kommt von "Gugge", was im Alemannischen für Tüte steht. Auf Schwizerdütsch steht "Gugge" für alle Arten von Blechblasinstrumenten. Guggemusik ist eine stark rhythmisch ausgrichtete, auf sehr spezifische Art „falsch“ gespielte Blasmusik. Meistens wird sehr gekonnt knapp neben der Melodie hergespielt, das heißt man erkennt die Melodie durchaus, aber sie klingt ziemlich schräg: eine wilde, mitreißende Musik, gut tanzbar und hervorragend geeignet für spontane Platz- und Straßenkonzerte während der "wilden Tage". Im alemannischen Raum hat jedes Dorf seine Guggemusik, und die Gruppen treiben mit ganz unterschiedlichen Musikstilen ihren Schabernack.

"Nichts gegen Spektakel und Faschingsfreude - sehr wohl aber mit aller Entschiedenheit unser Protest gegen eine derart unbedachte und nicht Rücksicht nehmende Planung auf eine für die (Innen)Stadt von Salzburg so wichtige Veranstaltung wie die Mozartwoche!", deponiert der Stiftungs-Präsident.

Was würde Mozart dazu sagen? Er hat ein Kammermusikwerk geschrieben, das als "Dorfmusikanten-Sextett" oder "Ein musikalischer Spass" bekannt geworden ist (aber leider eher selten in Konzertprogrammen auftaucht). Das ist Mozarts Beitrag zum Genre "Guggemusik".

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