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Rainermarsch

STICH-WORT

14/06/17 „Hoch Regiment der Rainer, als tapfer allbekannt, / wir schützen uns're Heimat und unser Vaterland. / Wir siegen oder sterben für unser Heimatland, / dem Feinde zum Verderben, hoch Salzburg, unser Land!“ Er sei die inoffizielle Salzburger Landeshymne, sagen Wohlmeinende und Ahnungslose über den Rainermarsch des Hans Schmid. Gleich übermannen auch uns vaterländische Gefühle.

Von Reinhard Kriechbaum

Aber zuvor sollten wir doch kurz innehalten und nachdenken, wo denn dieses Schloss Olyka liegt. Dort wurde am 11. September 1915 der Rainermarsch uraufgeführt wurde. Es ist in der heutigen Ukraine, in Luftlinie knapp 120 km nordöstlich von Lemberg (Lwiw). Das Rainerregiment hat sich also schon eine gute Strecke in die Ferne bewegt, und wir müssen schon fragen, ob es wirklich rechtens war, dort für „Salzburg, unser Land“ zu siegen oder zu sterben.

Aber lassen wir das. „Archivalien von unschätzbarem Wert für Historiker und Gesellschaft“ seien gestern Dienstag (13.6.) dem Landesarchiv übergeben worden, „feierlich“, versteht sich: Die Landeskorrespondenz kriegt sich gar nicht ein vor lauter Begeisterung über diesen großen Moment. Der Rainerbund Salzburg hat neben den Originalnoten des Rainer-Marsches von Hans Schmid auch die Noten von dessen Oberstleutnant-Schilhawsky-Marsch dem Landesarchiv übertragen, aber auch Nicht-Musikalisches: historische Schriftstücke des Rainer-Regiments, unter anderem die Regimentstagebücher des Ersten Weltkriegs.

Zu den Archivalien gehören auch 33 Bände „Monatliche Bataillons-Kommando-Befehle“ (1915-1918), vier Bände „Ersatzbataillons-Befehle“ des Infanterie-Regiments Nummer 59 vom September 1914 bis März 1915 sowie zehn Bände Regimentstagebücher. Anhand der insgesamt zehn Bände Regimentstagebücher könne man „den Ersten Weltkrieg quasi Tag für Tag belegen“, erklärt Oskar Dohle, Direktor des Salzburger Landesarchivs. Hinter der nüchternen militärischen Sprache verberge sich „der triste Alltag der Soldaten und das letztlich unvorstellbare Leid der Gefallenen und Verwundeten – abseits von jeder patriotischen Verherrlichung. Dies macht das Regimentstagebuch zu einem zeitlosen Zeugnis der Sinnlosigkeit jeden Krieges.“

Ikonographischen Wert fürs vermeintliche Landesbewusstsein hat freilich die von Hans Schmid persönlich beschriftete Mappe mit den Original-Notenblättern. Aus diesen Instrumentalstimmen, so darf man annehmen, wurden wohl am 11. September 1915 im Hof des Schlosses Olyka musiziert.

Der Rainermarsch ist der Regimentsmarsch des ehemaligen K.u.k. Infanterieregimentes Nr. 59 Erzherzog Rainer. Das nach seinem langjährigen Inhaber Erzherzog Rainer benannte Regiment hatte durch Rekrutierungsbezirk und Standort einen besonderen Bezug zu Salzburg. Der Marsch wurde während des Ersten Weltkriegs vom Musik-Feldwebel Hans Schmid am Abend des 15. August des Kriegsjahres 1915 an der galizischen Front in Rudno (Ukraine) komponiert.

„Vom Regiment der Rainer, es stehet fest zur Wehr, / wir stürmen und wir schlagen, mit Kolben und Gewehr“: Es liegt in der Natur der Sache, das solche Märsche mit dem Heraufdämmern der Nazi-Zeit noch martialische Tönen dazugedichtet bekommen haben. Nach dem Zweiten Weltkrieg war man ein klein wenig gescheiter und distanzierter: „Der Weltkrieg hat gefordert viel tapf'res Rainerblut, / mit rauher Hand zertrümmert so manches Hab und Gut. / Am Feld der Ehre blieben getreu bis an das End, / fünftausend Kameraden vom Rainer-Regiment!“

Hans Schmid (1893-1987) schrieb seine ersten Kompositionen schon als Zehnjähriger in der Musikschule von Znaim. Im Alter von 15 Jahren trat Schmid als Musikeleve in den Dienst der Regimentsmusik des k.u.k. Infanterieregiments „Erzherzog Rainer“ Nr. 59, da ihm ein Musikstudium in Wien aus finanziellen Gründen nicht möglich war. Im Ersten Weltkrieg wurde er Leiter der Regimentsmusik und stieg in den Rang eines Feldwebels auf. 1915 war Schmid in Galizien stationiert, wo er den Rainermarsch komponierte. Nach kurzem Intermezzo bei den Tiroler „Kaiserjägern“ war er wieder bei den „Rainern“.

Ab 1919 war Schmid in Tamsweg Gemeindesekretär und Kapellmeister sowie zwischen 1922 und 1925 auch Gemeindesekretär in Straßwalchen. Dort leitete er auch als Kapellmeister das Orchester der Theatergesellschaft. Danach übersiedelte Schmid nach Salzburg und leitete bis 1947 die Musikkapelle Maxglan; zudem gründete er ein eigenes Salonorchester und war Mitglied des Mozarteum-Orchesters. Während des Zweiten Weltkriegs war Schmid Leiter eines chemischen Betriebes und wurde in der Fliegerabwehr eingesetzt.

Sein Rainermarsch ist dann da geblieben und klingt manchen Ohren wie eine zweite Landeshymne, wogegen sein Schöpfer das Salzburg-Bewusstsein offenbar abgelegt hat. Mit seiner Frau wanderte Schmid in den 1950ern nach Salt Lake City in die USA aus. Dort gründete er ein Musikstudio und war weiterhin als Komponist, Musiklehrer und Dirigent tätig. Nachdem er 1964 noch einmal für kurze Zeit nach Salzburg zurückkehrte, ließ sich Schmid endgültig in Salt Lake City nieder.

Der Rainermarsch zum Nachhören für jene, die sich nicht so auskennen in der Blasmusik: www.youtube.com
Bilder: LMZ/Neumayr/SB

 

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