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Rockstar tauglich. Neid verdächtig.

DIE KLEIDER DER BUHLSCHAFT

17/07/19 Götterstimmen. Delikate Beziehungen zwischen Solisten-, Kammer- und Orchesterkonzerten. Salzburger Dramaturgie. Alles schön und gut. Das Wichtigste im Festspielsommer ist ja doch das Kleid der Buhlschaft. Dieses bekommt seit einigen Jahren seine eigene Pressekonferenz. In zwei sensationellen Outfits umgarnt heuer die liebe Buhle sein den reichen Mann vom Domplatz.

Von Heidemarie Klabacher

„Kein Tosca-Rot, kein Carmen-Rot. Nein, ein echtes Buhlschafts-Rot ist es geworden“, sagt die Jedermann-Kostümbildnerin Renate Martin: „Ein leuchtendes Rot, hell und nicht zu schwer.“ Den Stoff für das Kleid, das Valery Tscheplanowa während der Tischgesellschaft trägt, habe sie nach längerer Suche in Berlin gefunden. „Es ist ein Seiden-Chiffon. 25 Meter Stoff in sechs Schichten genäht.“ Den richtigen Farbton zu finden, sei die eine Herausforderung gewesen, die andere das richtige Gewicht: „Chiffon ist ein sehr sehr leichter Stoff. Wir aber wollten ihn ein wenig schwerer haben, damit er gut fällt.“

Valery Tscheplanowa ist die zweite Schauspielerin, die Renate Martin in der Inszenierung von Michael Sturminger einkleidet. Wie sie ein Buhlschafts-Kostüm entwickle, wollte Bettina Hering, die Schauspiel-Leiterin der Festspiele, beim Pressetermin von der Kostümbildnerin wissen.

„Alles beginnt mit der Besetzung. Valery ist eine selbstbestimmte, intelligente und humorvolle Frau. Sie weiß, was sie will und verkörpert eine sehr moderne Frau.“ Daher habe sie sich für deren Outfit für sehr klare Kostüme, ohne viel Schmuck entschieden. Das rote Kleid hat ein sensationelles Dekolleté. Damit könne die Schauspielerin „ihre Weiblichkeit zeigen und herrlich damit spielen“.

Das Rot stehe für Sinnlichkeit, für Liebe, Leben und auch Blut. Ikonographie hat schon was. Ein König ohne Krone geht ebenso wenig, wie eine Buhlschaft ohne rotes Kleid. Tatsächlich befremden Buhlschafts-Kleider in anderen Farben als Rot beinahe. Ein schönes Kleid in Dunkelblau ist dunkel in Erinnerung, gar nicht mehr die Darstellerin, die es zu tragen hatte. Veronica Ferres freilich hat sich auch in Rosa ins kollektive Jedermann-Gedächtnis gespielt. Die Ausstellung Die Kleider der Buhlschaft 2015 im DomQuartier ließ einige der atemberaubenden „zeitgenössischen“ Kostüme (die „historischen“ sind ja leider nicht erhalten) Revue passieren. Darunter war auch die grandiose Rosa-Robe. Eine solche Schau sollte eigentlich routinemäßig zu den Festspielen gezeigt werden – jeweils erweitert um das Kleid der jeweilig letzten Buhlschaft. Das schlichte „Kleine Schwarze“ darf aber gerne im Fundus bleiben, Vergleichbares hat auch jede Nicht-Schauspielerin im Kasten.

Dieser Tiefpunkt der Buhlschafts-Ausstattung ist überwunden. Nun leuchtet es wieder kräftig Blut-Rot – die ersten Bilder von der Fotoprobe sind atemberaubend. Wenn auch Frauen Frauen in Rot mit Skepsis und Misstrauen betrachten sollen (so will es die Vulgär-Psychologie) kann Frau Tscheplanowa sicher sein, dass sich ihrem Kostüm Damen wie Herren zu Füßen legen werden. Ein wenig Neid darf dabei sein.

Theaterleute wissen wie es geht: „Die Gewänder der Tischgesellschaft sind in Schwarz, Weiß und Silber-Tönen gehalten – den Farben des Todes. Die Buhlschaft sticht in diesem Totentanz als das Leben selbst hervor“, analysiert die Kostümbildnerin Renate Martin das Farbkonzept. Die von Festspielschuster dazu handgefertigten Samtschuhe haben einen Absatz von zehn Zentimetern Höhe. Hals und Knöchelbruch, kann man da nur sagen.

Das zweite Kostüm der Buhlschaft ist ein Einteiler „Es ist die erste Buhlschaft in Hose“, sagt die Kostümbildnerin. Diesen Overall trage sie bei ihrem ersten Auftritt, bei dem sie auf den Jedermann trifft und für ihn singt. „Dieser Einteiler hat Rock-Star-Qualität.“ Der Stoff, ein transparenter Tüll, bestickt mit Marabu-Federn und Glasperlen, komme aus Mailand. „Lasziv, verführerisch und selbstbewusst“ könne Valery Tscheplanowa dieses Kostüm tragen.

Die Accessoires habe sie bewusst dezent gehalten, da dies gut zur Schauspielerin passe, sagt die Kostümbildnerin Renate Martin. Aber ein paar besondere Details gebe es trotzdem: Der Haarschmuck, den die Buhle zum roten Kleid trägt – fünf schlichte seitlich ins Haar gesteckte Blüten – sei mit winzigen Swarovski-Kristallen besetzt, „die bis in die letzte Reihe funkeln“. Auch der Overall punkte mitttels acht Swarovski-Kristallen mit Glitzer. „Insgesamt vierhundert Stunden Arbeit stecken in den beiden Kostümen der größten kleinsten Rolle der Welt.“

Bilder: Fotos: SF / Anne Zeuner (3); Matthias Horn (1)
Zur dpk-Besprechung der Ausstellung Die Kleider der Buhlschaft von 2015
32 Meter Stoff fürs rechte Drehmoment

 

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