Brennen für die Kunst

SOMMERAKADEMIE MOZARTEUM / PREISTRÄGERKONZERT

27/08/18 „Geh unter, Welt, und störe nimmer die süßen, ätherischen Chöre“. Diese Worte des Dichters Mayrhofer deutet Wolfgang Holzmair, der Leiter der Internationalen Sommerakademie Mozarteum, als Aufforderung, für die Kunst zu brennen und zu verbrennen.

Von Erhard Petzel

Bei der Preisübergabe am Sonntag (26.8.) erntet Bürgermeister-Stellvertreter Auinger zustimmenden Applaus für die Polarisierung zwischen Grenzbalkenmentalität und Weltoffenheit ernten – und damit ist dem politischen Lied auch schon Genüge getan.

„Bewegung“ ist auf dem künstlerischen Niveau, auf dem sich die jungen Preisträger befinden, die durchgehend tragende Konstante im Preisträgerkonzert: Da ist der unterdrückte Sturm im Inneren, den „Die junge Nonne“ im Liede Schuberts reflektiert und der sich auf berückende Weise unter den Fingern des Pianisten Tobias Kaltenbrunner schon zusammenballt, noch bevor Andrea Purtic mit keusch-klangvollem Sopran anhebt zu singen… Der Sturm wird aufklaren im Aufwallen künstlerischer Leidenschaft der „Auflösung“ D 807, wo im eingangs zitierten Text die wohlige Abgrundtiefe des Mezzosoprans zum Tragen kommt. Kunst der Nabelschau mit Listzs „La Campanella“ gis-Moll aus Grandes études de Paganini und Debussys „Feux d’artifice“ aus Préludes II. Der Pianist Pjotr Naryshkin beweist mit delikater Leichtigkeit beim Tanz über den Tasten, dass Kunst beginnt, wo Virtuosität kein Thema ist.

Der Saalmeister wird aufgefordert, den Flügel weit zu öffnen, wenn ein Sopran mit Männern spielen will: So zierlich Hanyi Jang erscheint, so stimmgewaltig herrscht sie mit unbändiger Lust an der Komik in Donizettis „Quel guardo il cavaliere“ begleitet von Ahreum Lim. Statt burlesker Koloratur braucht es in Alban Bergs Klaviersonate h-Moll op. 1 den langen Atem für die Selbstverständlichkeit, Aufschwünge und Übergänge in spannungsvollen Bögen zu tragen: Alexander Shing Ho Lau zeigt eindrucksvoll, wie durch geschmeidige Bewegung Virtuosität im seriösen Umfeld genussreiche Spannung bereitet. Wesentlich direkter in Anspruch und Agogik darauf Jürgen Leitner mit „Velocities für Marimba solo“ von Joseph Schwantner.

Gleich nach der Pause wieder Debussy, ein Schwerpunktkomponist im Kammermusikwettbewerb, mit der Sonderpreisträgerin Haruna Shinoyama. Besonders der 2. Satz der Sonate g-Moll für Violine und Klavier erweist sich als Gustostück neckischer Ideen. Herrlich das Zusammenspiel mit dem Klavier, am Flüge Tomoya Furuta, wenn aus affigen Tonwiederholungen herrliche Gebilde erwachsen. Martin Nöbauer wird am Klavier mit den „Estampes“ eine deutlich andere Facette des Komponisten ausleuchten. Der Fluss im 1. Satz Pagodes wirkt etwas gebrochen, die Farben dominieren. Umso brutaler der Abschluss der Schwestern Noémi und Enikö Görög mit Ravels „La Valse“ auf zwei Klavieren.

Aus China stammt der Tenor Zhuohan Sun und beweist künstlerisches Herzblut für Mahler mit den Nummern 2 bis 4 aus den „Liederneines fahrenden Gesellen“ begleitet von Ching-Miin Wang. Man muss nicht besonders alt sein, um sich der Zeiten zu erinnern, da eine Kulturrevolution das Land verwüstete. Heute singt ein junger Tenor aus Peking mit Leidenschaft Mahler.

Bilder: Universität Mozarteum/Christian Schneider
Zum DPK-Hintergrundbericht über die Sommerakemie Mozarteum 2018
Jung, fernöstlich, klavierspielend