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Feuer aus dem Geiste

FESTSPIELE / CURRENTZIS / BEETHOVEN ZYKLUS

25/08/18 Teodor Currentzis und sein russisches Originalklang-Orchester „musicAeterna of Perm Opera“ brachten am 23. August wieder den Großen Saal des Mozarteums zum Erzittern. Nicht nur, denn manch leise Töne sorgten für Spannung. Beethovens Symphonien sind immer wieder für Überraschungen gut.

Von Gottfried Franz Kasparek

Der Mann am Pult geht bis an die Grenzen des Möglichen. Er tanzt vor seinem Orchester mit beschwörenden Gesten, vibrierend und stampfend. „Dem Manne muss die Musik Feuer aus dem Geiste schlagen“, so Beethoven. Teodor Currentzis beherzigt dies mit Leidenschaft und treibt sein großteils stehendes Orchester an die Grenzen. Vor allem in den Bläsersätzen knirscht und grummelt es mitunter bedenklich, aber das macht nichts. In Beethovens Zeit dürfte es ähnlich abgelaufen sein, obwohl damals mitunter schon Ventilhörner zugange waren. Wichtiger ist, dass die feurige Musik direkt ins Publikum springt, auch dann, wenn es der Maestro mit den Tempobezeichnungen nicht so genau nimmt und den Beginn des Allegrettos der „Siebenten“ aus der Stille wachsen lässt. Das ist durchaus persönliche Interpretation in der Tradition der Romantik.

Natürlich ist die Pultshow des Dirigenten wirkungsvoll, aber das Wesentliche wurde sicher in der Probenarbeit geleistet. Die Show wirkt jedoch nicht aufgesetzt, sondern aus der Seele kommend, wie einst bei Bernstein. Und so geht es zu Beginn aus den Gewitterstürmen des Abends direkt in den stürmischen Sarkasmus der 8. Symphonie. Da hagelt es regelrecht Noten, kurz, oft nur angerissen, wütend, voll grimmigem Humor. Die Ecksätze werden eine Art Schlachtengemälde, ohne Rücksicht auf klangliche Verluste. In den Mittelsätzen allerdings verblüfft sensible, pointenreiche Feinzeichnung. Die Beethoven-Werkstatt in Perm liefert mitunter noch nicht ganz fertige, aber aufregende Produkte.

Die 7. Symphonie wird nach der Pause kein Rausch der Geschwindigkeit – man hat diese „Apotheose des Tanzes“ schon schneller und rastloser gehört. Im ersten Satz erfreut differenziert ausgespielte Rhythmik, kulminierend in wuchtigen, aber effektvoll geschärften Tutti-Schlägen. Das Allegretto, schon in der Kritik der Uraufführung im Jänner 1814 als Andante empfunden, ist auch diesmal eher ein solches. Plötzlich durchzieht Melancholie den Raum, wenn die Bässe anfangs fast ins Nichts entschwinden und die Naturhörner sich großteils erfolgreich in lyrischer Poesie versuchen. Ein düsteres Charakterbild, fast ein Totentanz.

Das Presto, ein handfestes Tanzboden-Scherzo, obwohl als „Tempo di Menuetto“ bezeichnet, dient dann so richtig zum Entfachen des Furors, trotz in Maßen abgemilderter Trio-Passagen. Da klopft Anton Bruckner deutlich an die Pforten. Im tollen Finale heizt Currentzis die Stimmung bis zum Siedepunkt auf, bündelt die revolutionären Marschrhythmen und klanglichen Exaltationen zu gewaltigen, ja gewalttätigen Höhepunkten. Gewaltig ist denn auch das schon im letzten Verklingen einsetzende Jubelgeschrei des Publikums. Die Energie Beethovens, angetrieben von einem wahren Feuergeist, kann seit eh und je auch die Massen begeistern.

Bild: Salzburger festspiele / Marco Borrelli

 

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