Was ist eine Frau, was ist ein Mann?

HINTERGRUND / FESTSPIELE / PENTHESILEA

28/07/18 Es brauche gegenseitiges Vertrauen, wenn man eine Tragödie wie die „Penthesilea“ einstudiert, sagt Johan Simons. Die Stimmung bei der Probe müsse leicht und gut sein, um der Schwere des Stückes zu entkommen. „Und dennoch ist mancher nach der Probe wohl froh, wenn er wieder das Tageslicht sieht“, o der Niederländer.

Von Anne Zeuner

Undarstellbar sei das Stück – so wird dem Stück von Kleist nachgesagt, da zu viele Personen darin vorkämen. Johan Simons findet in der Reduzierung auf zwei Schauspieler eine Antwort auf diese ohnedies falsche Behauptung.

Sandra Hüller als Penthesilea und Jens Harzer als Achilles hätten beide die Sprache von Kleist in sich aufgenommen und sie sich regelrecht einverleibt, sagt Simons. So entstehe eine Art Tanzsprache. Der Regisseur outet sich beim TerrassenTalk als echter „Kleist-Fan“: „Man könnte jeden einzelnen Satz von Kleist sprechen und danach eine Stunde Pause machen. Es steckt so viel in einem Kleist-Satz wie in einem dreistündigen Stück von anderen“, sagt er. Er habe den Mut zu behaupten, er würde diese Seele der Sprache verstehen. Er höre Musik in der Sprache und diese sei unfassbar schön.

Simons könnte auch eine einstündige Lobeshymne singen auf die Darsteller. Eine Stunde auf jeden von ihnen. „Wir haben ein Vertrauensverhältnis kreiert, in dem wir den anderen auch künstlerisch kritisieren können“, erklärt Johan Simons. „Wir haben bei jedem Satz Überzeugungsarbeit beim anderen geleistet und lange darüber diskutiert und geprobt, wie man ihn spielen kann.“ Sandra Hüller sei nicht nur eine hervorragende Filmschauspielerin, sie sei vor allem eine Gestalterin, die sich auf besondere Weise mit dem Stoff verbinde und dadurch große Glaubwürdigkeit ausstrahle. Jens Harzer wiederum sei ein sehr fantasievoller Darsteller, der „immer wieder noch einmal unter den Tisch“ schaue, ob es noch eine andere Möglichkeit gebe mit dem Text umzugehen. Da brauche man als Regisseur manchmal auch große Geduld, sagt Simons.

Was ist für ihn der Kern des Stückes? „Penthesilea ist ein Schrei nach Liebe! Ein Schrei gegen den Krieg“. Im Kern gehe es um das Verhältnis von Mann und Frau und um die passionierte Liebe zwischen diesen beiden. Das Stück stelle die Frage: Was ist eine Frau, was ist ein Mann und was denken die beiden übereinander?

Die Bühne (Johannes Schütz) sei in dieser Inszenierung sehr schlicht gehalten, es gibt einen Streifen Licht, der von unten nach oben leuchtet und der im Laufe der Vorstellung immer breiter werde und durch den man in ein tiefes Schwarz schauen könne. „Auf der Bühne kann man gut Dinge darstellen, die im Film vielleicht unglaubwürdig rüberkommen. Man kann spielen zwischen Tod und Wiederauferstehung, zwischen Totenreich und Realität“, sagt Johan Simons.

Das Ende? – Nein, das wolle er noch nicht verraten. Nur so viel: „Man kann das Stück natürlich mit viel Blut inszenieren. Ich aber stelle die Frage, ob der Tod nicht vielleicht zu weit geht. Man kann auch auf der Bühne den Tod verweigern.“

„Penthesilea“ hat morgen Sonntag (29.7.) im Landestheater Premiere, Aufführungen bis 9. August – www.salzburgerfestspiele.at
Bilder: Salzburger Festspiele /Anne Zeuner (1); Monika Rittershaus (1)